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Schulen:"Auf Teufel komm raus"

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Der Kurs der Bundesländer, die Schulen möglichst im Regelbetrieb offen zu halten, gerät immer stärker in die Kritik.

Von Paul Munzinger, München

Angesichts steigender Infektionszahlen wächst der Druck auf die Bundesländer, den Unterricht an den Schulen stärker einzuschränken als bisher. Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, beklagte in der Rhein-Neckar-Zeitung, die Schulen sollten auf "Teufel komm raus" offen gehalten werden. Auch die beiden Lehrergewerkschaften GEW und VBE forderten am Dienstag gemeinsam mit dem Bundeselternrat, die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) verpflichtend umzusetzen.

Ab einem Inzidenzwert von 50 Infektionen je 100 000 Einwohner in sieben Tagen sollten dem RKI zufolge alle Schülerinnen und Schüler Masken auch im Klassenzimmer tragen. Zudem sollten Klassen geteilt werden, damit der Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten werden kann. Das würde bedeuten, dass die Kinder und Jugendlichen zeitweise wieder zum Homeschooling zurückkehren müssten.

Maskenpflicht und das sogenannte Wechselmodell finden sich als mögliche Schritte auch in dem gemeinsamen Stufenplan, auf den sich die Kultusministerkonferenz Anfang September verständigt hat. Doch die Maßnahmen sind dort nicht an konkrete Zahlen gekoppelt. Die jeweiligen Stufenpläne der Bundesländer arbeiten zwar mit konkreten Grenzwerten, doch die Maßnahmen bleiben teils deutlich hinter den Empfehlungen des RKI zurück. Baden-Württemberg etwa hat die dritte und höchste Pandemiestufe erreicht, die bereits bei einem Inzidenzwert von 35 beginnt. Sie sieht eine Maskenpflicht ab Klasse 5 vor, aber nicht an den Grundschulen und auch keinen Übergang zum Wechselmodell.

Selbst in Bayern, wo der Stufenplan den RKI-Empfehlungen wohl am nächsten kommt, gibt es hier keinen Automatismus. Während die Maskenpflicht selbst an Grundschulen Pflicht ist, wenn die Inzidenz den Wert 50 überschreitet, liegt der Übergang zum Wechselmodell im Ermessen des jeweiligen Gesundheitsamts. Die Folge: Im Kreis Fürstenfeldbruck lernen die Kinder und Jugendlichen jetzt wieder abwechselnd zu Hause und in der Schule. In München dagegen gilt noch Präsenzunterricht für alle.

Stefanie Hubig, Kultusministerin von Rheinland-Pfalz und Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), verteidigte das Vorgehen der Bundesländer. Sie sprach von einer "sehr heterogenen Situation in Deutschland". Es gelte, vor Ort die Lage genau zu analysieren und passende Maßnahmen anzuordnen, so wie es auch das RKI empfehle. Es mache einen Unterschied, ob ein Infektionsgeschehen eng eingrenzbar oder in der Gesellschaft breit gestreut sei. Hubig betonte erneut, dass Schulen und Kitas möglichst offen bleiben sollten.

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