Süddeutsche Zeitung

Scanner an Flughäfen:Der Nacktwandler

Das schöne Ergebnis öffentlichen Widerstandes: Die Nacktscanner, die jetzt in den Testbetrieb gehen, werden stark modifiziert. Die ursprünglichen Geräte hätten die Menschenwürde am Fließband verletzt.

Heribert Prantl

Der Nacktscanner ist kein Nacktscanner mehr. Es wird an deutschen Flughäfen keine elektronischen Massenentkleidungen geben. Der neue Scanner zeigt den Körper angeblich nur als eine Art Strichmännchen. Wenn das wirklich so ist, dann ist das ein schönes Ergebnis des empörten öffentlichen Widerstandes.

Die Wandlung des Nacktscanners in einen Strichmännchen-Scanner ist auch ein schönes Beispiel dafür, dass sich die Leute nicht alles gefallen lassen - selbst dann nicht, wenn die "Maßnahme" angeblich für die Sicherheit unabdingbar ist. So nämlich hatte die EU-Kommission das Ansinnen verkauft, den Fluggästen nicht nur den Gürtel aus der Hose zu ziehen, sondern sie auch noch intim zu durchleuchten. Wer fliegen will, so hieß es, müsse eben auf sein Schamgefühl verzichten.

Nun geht es auf einmal auch anders, unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Der Nacktscanner barg eine Gefahr, die größer war als jeder Sicherheitsgewinn. Er barg die Gefahr, das die Sicherheitspolitik insgesamt und allgemein als schamlos und maßlos bewertet wird. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat erkannt, dass die EU-Kommission den Satz vom "Europa ohne Grenzen" falsch verstanden hatte: Beim Einchecken wäre eine absolute Grenze überschritten worden. Man kann nicht für Sicherheit sorgen, indem man die Menschenwürde am Fließband verletzt.

Noch ist nicht klar, ob die Geräte wirklich so funktionieren wie angekündigt. Sie werden von September an am Flughafen Hamburg getestet. Sie sollen, im Gegensatz zu den ursprünglichen Geräten, gesundheitlich unbedenklich sein. Wenn auch nur der geringste Zweifel daran bestünde, dürften sie nicht einmal in den Testbetrieb gehen.

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Quelle:
SZ vom 09.08.2010
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