Süddeutsche Zeitung

Sachsen:Eklat im Dresdner Landtag

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Während einer Schweigeminute für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft verließen die NPD-Abgeordneten den Plenarsaal und kehrten erst danach wieder zurück. Bei einer anschließenden Debatte wurde dem NPD-Fraktionschef das Mikrofon abgeschaltet.

Bei einer anschließenden Debatte schaltete Landtagspräsident Erich Iltgen NPD-Fraktionschef Holger Apfel das Mikrofon ab. Apfel und sein Parteikamerad Jürgen Gansel nannten die alliierten Angriffe einen "Bombenholocaust".

Wegen dieser Äußerungen hat sich inzwischen die Dresdner Staatsanwaltschaft eingeschaltet. "Wir prüfen den Verdacht der Volksverhetzung wegen des Ausdrucks 'Bombenholocaust'", sagte Oberstaatsanwalt Andrea Feron am Abend.

Landtagspräsident Iltgen hatte zu Beginn der Parlamentssitzung an den bevorstehenden 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar und den 60. Jahrestag der Bombardierung von Dresden am 13. Februar erinnert.

"Da dies heute unsere letzte Plenarsitzung vor diesen beiden Tagen ist, möchte ich sie alle auffordern und bitten, mit mir in würdiger Weise den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu gedenken", appellierte der CDU-Politiker an die Parlamentarier. Daraufhin verließen die NPD-Abgeordneten den Saal.

Nach Angaben von Landtagssprecher Ivo Klatte kam der Präsident mit seiner Aufforderung zu einer Schweigeminute einem Antrag der NPD-Fraktion zuvor.

Diese wollte mit ihrer parlamentarischen Initiative nur an die Opfer der Luftangriffe auf Dresden erinnern, sagte Klatte. Der NPD-Antrag habe sich aber mit dem Handeln des Präsidenten erledigt.

Bei der Debatte über die Luftangriffe sagte Apfel, dass bei der Zahl der Opfer sehr genau gerechnet werde. Mit Blick auf die Ermordung jüdischer Bürger während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sagte er: "Bei anderen Opfern ist man nicht so pingelig, wenn da eine Null fehlt."

Als Apfel von "Massenmord" und von "angloamerikanischen Gangsterkomplizen" sprach, wurde ihm das Mikrofon abgestellt.

Die Rede des Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Cornelius Weiss, der stellvertretend für die im Parlament vertretenen demokratischen Fraktionen sprach, wurde danach von den Parlamentariern minutenlang mit stehendem Applaus gewürdigt. Die NPD-Abgeordneten blieben sitzen.

"Nichts gefallen lassen"

Weiss sagte in seiner Antwort auf die Rede Apfels: "Es fällt mir schwer, nach solchen Hasstiraden nach Art von Goebbels zu sprechen." Alle demokratischen Parteien würden trauern, gedenken "und wir beten zu Gott, dass sich so etwas niemals wiederholt."

Es dürfe aber nicht vergessen werden, wie es dazu gekommen sei, sagte Weiss. Er erinnerte an die Verbrennung von Büchern zu Beginn der NS-Gewaltherrschaft, an die Reichspogromnacht im Jahre 1938 und an das Bombardement der englischen Stadt Coventry durch deutsche Bomberverbände während des Zweiten Weltkrieges.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz forderte die Bürger zum Widerstand auf. Er sagte, alle Grenzen von Respekt und Gesittung seien verloren gegangen. Wiefelspütz appellierte an die Menschen, sich das Verhalten der NPD nicht gefallen zu lassen.

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dpa
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