Süddeutsche Zeitung

Russland:Putin verschiebt Siegesparade

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Russlands Präsident wollte den 75. Jahrestag des Sieges im Zweiten Weltkrieg besonders groß feiern. Doch das Coronavirus ließ keine Wahl. Vor allem die Veteranen hatten dringend um eine Verschiebung gebeten.

Von Silke Bigalke, Moskau

Es sollte das wichtigste Ereignis des Jahres werden, nun verdirbt das Coronavirus die russische Siegesparade. Präsident Wladimir Putin erklärte am Donnerstag, die Feierlichkeiten zum 9. Mai müssten verschoben werden. Bei einem Treffen mit dem russischen Sicherheitsrat sprach er von einer "schwierigen Wahl"; er hatte sie lange herausgezögert. "Das Datum des 9. Mai ist uns heilig und das Leben jedes Menschen hat einen unschätzbaren Wert", sagte Putin. Letztlich waren die Risiken durch die Pandemie zu groß geworden. Wann die Feierlichkeiten nachgeholt werden, ließ der Präsident offen.

Die Moskauer Parade zum 75. Jubiläum des Sieges im Zweiten Weltkrieg sollte dieses Jahr besonders groß ausfallen. Doch am Mittwoch hatten bereits mehrere Veteranenverbände den Kreml gebeten, sie zu verschieben. Die Jubiläumsfeier solle nachgeholt werden, wenn die Situation sie "zu keiner Bedrohung" mache, sondern zu einem "wahren Fest des Friedens und der Sicherheit für alle Teilnehmer", stand in einem gemeinsamen Brief. In den vergangenen Wochen war über mehrere Optionen spekuliert worden, etwa, ob die Parade ohne Zuschauer abgehalten würde, oder Gäste über 65 Jahre ausgeschlossen würden. Das hätte allerdings alle Veteranen betroffen, von denen viele als Ehrengäste eingeladen waren. Vor einigen Tagen hatte die staatliche Eisenbahngesellschaft bereits erklärt, dass es keine kostenlosen Fahrten für Kriegsteilnehmer mehr gebe - "aufgrund der epidemiologischen Situation".

In Moskau sind seit Mitte März Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern verboten. Und noch vor der allgemeinen Ausgangssperre mussten alle Bewohner, die älter sind als 65, zu Hause bleiben. Die Vorbereitungen für die Siegesparade aber liefen davon bislang unberührt weiter. Laut Verteidigungsminister Sergej Schoigu sollten 15 000 Teilnehmer mitlaufen und 375 Rüstungseinheiten gezeigt werden, darunter Panzer, Flugabwehrraketen und Kampfflieger. Putin hatte Staatschefs aus der ganzen Welt eingeladen; der französische Präsident Emmanuel Macron war unter denen, die bereits vor der Corona-Pandemie zugesagt hatten.

Für Putin ist es das zweite wichtige Ereignis, dass er wegen des Virus absagen musste. Für kommende Woche hatte er eine Volksabstimmung über seine Verfassungsreform geplant. Diese ermöglicht ihm eine Wiederwahl nach Ende seiner Amtszeit 2024. Der Siegestag ist für Putin politisch wichtig, weil der Sieg über Nazideutschland das russische Volk wie kein anderes Ereignis eint. Für viele Russen ist es der wichtigste Tag im Jahr nach Silvester.

"Sie wissen, dass ohne Übertreibung das ganze Land an den Siegesfeierlichkeiten teilnimmt", sagte Putin. Der 9. Mai sei ein "Vereinigungstag", der "uns allen neue Kräfte geben wird".

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Quelle:
SZ vom 17.04.2020
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