Süddeutsche Zeitung

Russland:Nuklearer Wahnsinn

Putin führt derzeit stolz das russische Atomarsenal vor - eine Drohung an den Westen, die durchaus gefährlich ist.

Von Julian Hans

Zurzeit des Vietnamkriegs verfolgte der amerikanische Präsident Richard Nixon eine außenpolitische Strategie, die er selbst als "Madman-Theorie" beschrieb: Jedem war damals klar, dass nur ein Wahnsinniger einen Atomkrieg beginnen würde. Um die Nordvietnamesen und ihre Verbündeten im kommunistischen Block abzuschrecken, versuchte Nixon, den Eindruck zu erwecken, er sei wahnsinnig genug, um auch eine Atombombe zu werfen.

Seitdem wurde nie wieder so leichtfertig mit Atomwaffen herumgefuhrwerkt - bis heute: Die Marschflugkörper, die die russische Armee von einem U-Boot im Mittelmeer auf Stellungen in Syrien abgefeuert hat, hätten ihre erste Bewährungsprobe bestanden, lobte Wladimir Putin am Dienstag. Und er ergänzte, die Geschosse könnten auch mit Nuklearsprengköpfen bestückt werden. Aber das werde "hoffentlich nie notwendig" werden.

Zur Bekämpfung von Terroristen in Syrien sind die teuren Lenkwaffen sinnlos, ganz zu schweigen von Atombomben. Putins subtile Drohung galt auch nicht dem "Islamischen Staat", sondern dem Westen: Es ist besser, mit Russland zu kooperieren, als uns zum Gegner zu haben. Seit der Annexion der Krim häufen sich derlei Anspielungen auf das russische Nukleararsenal. Putin spielt mad man. Wie dieses hochgefährliche Spiel ausgeht, ist ungewiss. Fest steht nur, dass die USA den Vietnamkrieg nicht gewonnen haben.

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Quelle:
SZ vom 10.12.2015
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