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Rücktritte:Regierungskrise nach schweren Kämpfen in Mazedonien

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Zwei Minister und Geheimdienstchef zurückgetreten

Nach zweitägigen schweren Kämpfen in Mazedonien muss Innenministerin Gordana Jankuloska zurücktreten. Das habe Regierungschef Nikola Gruevski entschieden, berichteten die Medien am Dienstag übereinstimmend in Skopje. Der Ministerin waren schwere Fehler bei der Polizeiaktion gegen bewaffnete Albaner am Wochenende in der Stadt Kumanovo, wo es 22 Toten und 37 Verletzten gegeben hatte, angelastet worden. Auch Transportminister Mile Janaieski und der Direktor des Geheimdienstes DBK, Saso Mijalkov, hätten ihren Rücktritt eingereicht, sagte ein Regierungssprecher am Dienstagabend. Ministerpräsident Nikola Gruevski habe die Rücktritte angenommen.

Schwierige Verhältnisse zwischen den Volksgruppen

Der Konflikt wirft ein Schlaglicht auf das schwierige Verhältnis zwischen den Volksgruppen in der früheren jugoslawischen Teilrepublik. Im Jahr 2001 hatte es im Norden Mazedoniens einen Aufstand ethnischer Albaner gegeben. Er endete mit einem Abkommen, das den Albanern mehr Rechte zusagte. Das Verhältnis der Albaner zur Regierung in Skopje bleibt aber angespannt. Etwa ein Viertel der 2,1 Millionen Einwohner des Balkanlandes sind ethnische Albaner.

Schwere Vorwürfe gegen die Regierung

Unterdessen mehrten sich Indizien, dass die Regierung die Kämpfe möglicherweise gezielt organisiert haben könnte. Der pensionierte mazedonische General Ilija Nikolovski wiederholte seine These, bei den Bewaffneten habe es sich nicht um Terroristen gehandelt, wie von der Regierung behauptet, sondern um bezahlte Söldner. Es sei unmöglich, dass die Dutzenden Albaner derart große Mengen Waffen unbemerkt ins Land hätten bringen können, sagte er weiter.

Auch das Portal Libertas kritisierte, es gebe vonseiten der Regierung nur Desinformation. Die Behörden hätten bisher noch keinen einzigen Beweis für ihre Behauptung erbracht, es habe sich um erfahrene Terroristen gehandelt. Weder die Innenministerin noch der Regierungschef oder hohe Polizeigeneräle hätten sich bei der Polizeiaktion in Kumanovo blicken lassen. Zudem gebe es bis heute keine offizielle Untersuchung der schweren Kämpfe.

Massenproteste angekündigt

Der Konflikt fällt mitten in eine schwere politische Krise in Mazedonien. Die Regierung von Nikola Gruevski sieht sich schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Die Opposition wirft ihr außerdem vor, illegal 22 000 Menschen abgehört zu haben.

Die Gefechte am Wochenende lösten international Besorgnis aus. Die EU, die UNO und auch die Bundesregierung riefen zur Deeskalation auf. Mazedonien ist seit zehn Jahren EU-Beitrittskandidat und strebt auch die Aufnahme in die Nato an.

Die sozialdemokratische Opposition, die seit über einem Jahr wegen angeblicher massiver Wahlfälschung das Parlament boykottiert, hat für Sonntag in Skopje zu Massenprotesten zum Sturz von Regierungschef Nikola Gruevski aufgerufen.

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