Süddeutsche Zeitung

Religionsfreiheit:AfD kontra Islam

Wer den Islam pauschal verfassungsfeindlich nennt, ist es selbst.

Von Heribert Prantl

Die AfD hat den Islamisten den größten Wunsch erfüllt: Sie setzt Islam und Islamisten gleich. Die AfD nennt den Islam in gehässiger Absicht eine politische Ideologie, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Es ist anders: Eine Partei, die so etwas behauptet, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Wer eine Religion als "Fremdkörper" betrachtet, wer Minarette verbieten will - der zerstört den inneren Frieden. Wer das Grundgesetz so missachtet, hat den Boden des Grundgesetzes verlassen.

Die Freiheit des Glaubens und der Religionsausübung gehört zu den Fundamentalgrundrechten. Niemand darf "wegen seiner religiösen Anschauungen benachteiligt werden", sagt Artikel 3 des Grundgesetzes. Die AfD setzt sich über dieses Diskriminierungsverbot hinweg. Die Chuzpe, mit der sie die Angst vor dem Islam schürt und ihn in die Verbannung schicken will, hat es bisher in der bundesdeutschen Geschichte nicht gegeben. Diese Attacken sind nicht nur Attacken auf den Islam. Sie sind auch Angriffe auf die anderen Religionen.

Zum Glaubensinhalt der christlichen Kirchen gehört es, dass man der anderen Religion deren Gottesverehrung zugesteht: Gott ist der Gott, den auch der andere verehrt - aber jeder nennt und preist ihn anders; der eine baut ihm den Glockenturm, der andere ein Minarett. Die Kirchen sollten der AfD klarmachen, dass ihre Agitation unchristlich ist.

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Quelle:
SZ vom 19.04.2016
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