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Regionalwahlen in der Slowakei:Aufstieg eines Roma-Hassers

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Er hetzt seit Jahren gegen Roma und andere Minderheiten, nun wird der Rechtsradikale Marian Kotleba überraschend Regionalpräsident. Sein Wahlsieg schockiert das Land, die etablierten Parteien wirken ratlos.

Marian Kotleba ist kein Unbekannter in der Slowakei: Seit den Neunzigern macht der 36-Jährige rechtsextreme Politik, war mehrmals in Haft und wurde wegen rassistischer Hetze und Gefährdung der Demokratie angeklagt. An einen Wahlerfolg seiner rechten "Volkspartei" mochte aber keiner glauben. Nun erlebt das Land ein böses Erwachen.

Bei den Regionalwahlen in der mittelslowakischen Region Banská Bystrica erhielt Kotleba am Wochenende 55,5 Prozent der Stimmen. Damit ist er künftig der Präsident dieser Region, ein Amt, das vergleichbar ist mit dem eines deutschen Ministerpräsidenten, allerdings mit wesentlich weniger Kompetenzen.

Kotleba setzte sich klar gegen den hoch favorisierten sozialdemokratischen Amtsinhaber Vladimír Maňka durch, profitierte allerdings auch von der schwachen Wahlbeteiligung: In der Region Banská Bystrica gaben nur 25 Prozent der Wähler ihre Stimme ab, damit genügten ihm etwa 71.000 Stimmen zum Sieg. In anderen Teilen des Landes beteiligten sich mit durchschnittlich 17 Prozent der Slowaken noch weniger Menschen an den Stichwahlen.

"Zigeneuerparasiten" und "Roma-Kriminalität"

Kotleba und seine "Volkspartei - Unsere Slowakei" ( Ľudová strana Naše Slovensko, ĽSNS) sind vor allem für ihre Hetze gegen die Roma-Minderheit und für Auftritte in Uniformen bekannt, die denen der faschistischen Hlinka-Garde nachempfunden sind. Im Wahlkampf sprach Kotleba von "Zigeunerparasiten" und "Roma-Kriminalität", er hetzt aber auch gegen Linke, Homosexuelle und Israel. Kotleba stand schon mehrfach wegen seiner Äußerungen vor Gericht, es kam jedoch nie zu einer Verurteilung.

In der Slowakei leben etwa 380.000 Roma, das sind sieben Prozent der Bevölkerung. Über den Umgang mit der Minderheit gibt es immer wieder Diskussionen: Amnesty International kritisierte jüngst, dass fast jedes zweite Roma-Kind in getrennten Klassen und Schulen unterrichtet wird. In den vergangenen Jahren veranstalteten Rechtsextreme immer wieder Anti-Roma-Demonstrationen.

Die politische und intellektuelle Elite des Landes reagierte entsetzt auf den Erfolg Kotlebas. "Der Sieg von Kotleba ist eine gewaltige Niederlage der Demokratie in der Slowakei", sagte Pavol Frešo, der Chef der christlich-liberalen ehemaligen Regierungspartei SDKÚ-DS. Frešo selbst wurde mit der großen Mehrheit von 74 Prozent als Regionalpräsident der Hauptstadtregion Bratislava wiedergewählt. Er forderte alle demokratischen Parteien zu gemeinsamen Anstrengungen auf, um die Probleme der Menschen zu lösen und damit dem Extremismus den Nährboden zu entziehen.

Sozialdemokraten kritisieren Konservative

Der sozialdemokratische Regierungschef Robert Fico (SMER-SD), dessen Partei in allen sechs anderen der acht Regionen gewonnen hatte, gab hingegen gerade Frešos SDKÚ und den anderen Mitte-rechts-Parteien die Schuld an Kotlebas Wahlerfolg. Selbst angesichts der rechtsradikalen Bedrohung in der Region hätten sie dem sozialdemokratischen Kandidaten Maňka die Unterstützung verweigert: "Den Mitte-rechts-Parteien war jedes Mittel recht, um einen Sieg der Sozialdemokraten zu verhindern. So haben sich auch ihre Wähler nach der Devise gerichtet: Antichrist, Satan, Hitler, Mussolini, alles ist besser als ein sozialdemokratischer Sieg."

Kotleba selbst reagierte betont zurückhaltend auf seinen Wahlsieg: "Das Vertrauen, das mir die Bürger gegeben haben, ist für mich eine riesige Aufforderung, alles zu tun, was in meinen Kräften steht."

Der ehemalige Lehrer war Anfang der 2000er Jahre schon einmal der Kopf einer Nazi-Partei: In der 2006 verbotenen "Slowakischen Gemeinschaft" ließ sich der ehemalige Lehrer mit "Führer" anreden. Zwischendurch verkaufte Kotleba auch Nazi-Kleidung in einem eigenen Laden. 2012 geriet er in die Schlagzeilen, weil er ein Grundstück kaufte, auf dem Roma illegal Siedlungen errichtet hatten. Seinen Versuch, die Bewohner von dort zu vertreiben, unterband die Polizei.

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