Süddeutsche Zeitung

Regierungskrise in Libyen:Ex-Premier Seidan offenbar in Deutschland

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Per Misstrauensvotum hat das libysche Parlament Regierungschef Ali Seidan abgesetzt. Nun soll er in Düsseldorf gelandet sein - trotz eines Reiseverbots.

Der libysche Ex-Regierungschef Ali Seidan ist nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Arabija in Deutschland eingetroffen. Der in Dubai beheimatete Sender meldete, Seidan sei in Düsseldorf gelandet. Seidan werden in seiner Heimat Korruption und Misswirtschaft in Zusammenhang mit illegalen Ölverkäufen der Separatisten vorgeworfen. Gegen ihn war am Dienstag ein Haftbefehl erlassen worden.

Das libysche Parlament hatte Seidan zuvor das Vertrauen entzogen. Kurz darauf setzte sich der frühere Oppositionspolitiker nach Europa ab. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte ein Reiseverbot gegen ihn ausgesprochen. Dennoch gelang es ihm, von Tripolis abzufliegen. Seidan landete laut Medienberichten kurz in Malta, bevor er in ein anderes europäisches Land weiterflog - den Angaben von Al-Arabija zufolge soll es sich um Deutschland handeln.

Seidan stand wegen der instabilen Lage in Libyen in der Kritik. Vor allem wegen der Aktivitäten von Rebellen gilt die Sicherheitslage als kritisch. Seit Monaten halten Milizen die wichtigsten Ölhäfen des Landes besetzt, um ihrer Forderung nach regionaler Autonomie für den Osten Libyens und einer besseren Verteilung der Einnahmen aus dem Erdölgeschäft Nachdruck zu verleihen. Teile der Separatistenbewegung verfolgen nach Einschätzung unabhängiger Beobachter jedoch keine politischen Ziele, sondern sind vor allem daran interessiert, sich zu bereichern. Ex-Premier Seidan wird besonder in einem Fall Versagen vorgeworfen: Ein Öltanker mit einer von Rebellen verkauften Rohölladung an Bord war nach Parlamentsangaben seiner Eskorte entkommen.

Seidan hatte vor dem Aufstand gegen den Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi 2011 mehr als 30 Jahre als Oppositioneller im Exil gelebt, seit Oktober 2012 war er Ministerpräsident des Landes.

Wer neuer Regierungschef werden soll, ist noch unklar. Das Parlament hatte in seiner Sitzung am Dienstag auch Parlamentswahlen für Juli angekündigt. Die Amtsgeschäfte soll in den kommenden zwei Wochen Verteidigungsminister Abdullah al-Thinni führen. Seidans wichtigster Gegenspieler war in den vergangenen Monaten Parlamentspräsident Nuri Abu Sahmein gewesen. Mehrere libysche Kommentatoren äußerten in arabischen Talkshows Zweifel an den Vorwürfen gegen den Ex-Regierungschef.

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