Süddeutsche Zeitung

Regierungserklärung in Italien:Berlusconi kämpft ums politische Überleben

Lesezeit: 1 min

Silvio Berlusconi verteidigt die Politik seiner angeschlagenen Regierung - vor einem halbleeren römischen Abgeordnetenhaus. Verliert der umstrittene italienische Premier die Vertrauensabstimmung am Freitag, muss er zurücktreten. Doch für diesen Fall hat er andere Pläne.

Hat Silvio Berlusconi noch eine handlungsfähige Mehrheit im Abgeordnetenhaus? In dieser Woche kämpft der umstrittene italienische Premier um seine politische Zukunft. Vor halbleeren Rängen hat er an diesem Donnerstag im römischen Abgeordnetenhaus die Politik seiner angeschlagenen Regierung verteidigt. In einer 15-minütigen Rede erklärte Berlusconi, seine Regierung sei die einzig glaubwürdige, die das Land durch die aktuelle Schuldenkrise führen könne.

Die Mitte-links-Opposition boykottierte den Auftritt des Regierungschefs. Berlusconi machte deutlich, dass er keinesfalls zurücktreten werde: Wenn er an diesem Freitag die Vertrauensabstimmung verliere, müsse es Neuwahlen geben, keine Übergangsregierung, wie von einigen vorgeschlagen, sagte er. Eine Übergangsregierung hätte nicht "die Stärke einer legitimen Regierung wie dieser angesichts schwieriger Entscheidungen in der Krise".

Sollte Berlusconi am Freitag keine Mehrheit erzielen, müsste er eigentlich zurücktreten. Er hatte sich nach einer Abstimmungsniederlage gezwungen gesehen, die Vertrauensfrage zu stellen. Am Dienstag hatte seine Koalition die Abstimmung über den Rechenschaftsbericht - eigentlich reine Routine - knapp verloren. Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano hatte daraufhin Zweifel an der Handlungsfähigkeit der Regierung angemeldet.

Auch in den eigenen Reihen wächst die Kritik an Berlusconi: Einige Verbündete lehnen sich gegen ihn auf, weil das Unbehagen an seinem Führungsstil zuletzt deutlich zugenommen hatte. Mehrere Abgeordnete der Koalitionsparteien und sogar einige Regierungsmitglieder waren der Abstimmung ferngeblieben.

Die Opposition ruft immer lauter nach einem Rücktritt und auch um Berlusconis Popularitätswerte in der Bevölkerung ist es nicht gut bestellt. Die Italiener sind unzufrieden, weil Fördermaßnahmen für die taumelnde Wirtschaft auf sich warten lassen. Am Mittwoch gab es in Rom, Neapel und anderen Städten kleinere Demonstrationen gegen den Ministerpräsidenten. Angesichts von Sex-Skandalen, den sogenannten Bunga-Bunga-Partys in seiner Villa und diversen Prozessen wegen Korruption und Steuerbetrug hat Berlusconi an Rückhalt verloren.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1161623
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/dapd/dpa/sebi
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.