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Referendum:Bosnische Serben stimmen für umstrittenen Nationalfeiertag

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Ungeachtet eines Verfassungsgerichtsverbots haben die bosnischen Serben offenbar fast einstimmig für das Beibehalten ihres umstrittenen Nationalfeiertags am 9. Januar gestimmt. In dem umstrittenenen Referendum sprachen sich nach Auszählung von etwa drei Viertel der Stimmen 99,8 Prozent der Bewohner der Teilrepublik Srpska dafür aus, wie die Behörden am Abend mitteilten.

Damit sei das Votum der Bevölkerung eindeutig, sagte der Präsident der Republika Srpska, Milorad Dodik, vor Journalisten im Parlament von Banja Luka. Dodik hatte die Volksabstimmung trotz eines Verbots des bosnischen Verfassungsgerichts angesetzt. Dieses hatte zuvor den Feiertag für illegal erklärt, weil er die muslimischen (bosniakischen) und kroatischen Bewohner in der Teilrepublik ausgrenze. Auch das Referendum selbst hatten die Verfassungsrichter untersagt.

Auch die USA und die EU hatten vergeblich versucht, das Referendum zu unterbinden und nicht näher bezeichnete Sanktionen angedroht. Gedroht wurde damit, Projekte in dem kleinen Teilstaat auf Eis zu legen, Einreiseverbote gegen Vertreter der Regierung zu verhängen und deren Vermögen einzufrieren. Die bosnischen Serben werden allerdings von Russland unterstützt.

Den Stimmberechtigten wurde die Frage gestellt, ob sie den 9. Januar als einen Feiertag in der Republika Srpska beibehalten wollten oder nicht. Zur Wahl aufgerufen waren etwa 1,2 Millionen Menschen. Die Wahlbeteiligung lag nach Behördenangaben zwischen 56 und 60 Prozent.

Sorge vor Abspaltung der Republika Srpska

1992 hatten die bosnischen Serben an diesem Tag - einem serbisch-orthodoxen Feiertag - ihren eigenen Staat "Republika Srpska" innerhalb Bosnien-Herzegowinas ausgerufen. Das löste den jahrelangen Bosnienkrieg aus, der mindestens 100 000 Menschen das Leben kostete und Millionen Menschen vertrieb.

Beobachter sehen in dem Referendum ein Signal, dass sich die Teilrepublik von Bosnien-Herzegowina abspalten will. Mehr als 20 Jahre nach dem Ende des Krieges wächst die Sorge vor einer weiteren Verschärfung der ethnischen Spannungen und vor neuer Gewalt.

Bosnien-Herzegowina ist seit dem Dayton-Friedensabkommen von 1995, mit dem der Bosnienkrieg beendet wurde, ein Bundesstaat, zu der die Republika Srpska als eine sogenannte Entität neben der Föderation Bosnien und Herzegowina gehört. Viele bosnische Serben betrachten sich aber nicht als Bosnier, sondern als Serben. Der Zusammenhalt des Landes scheint daher zunehmend gefährdet.

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