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Rechtsradikalen-Treffen in Köln:Ein bizarrer Erfolg

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Zwar war der Anti-Islam-Kongress schneller vorbei, als die "Pro Köln"-Funktionäre gehofft hatten. Dennoch war es für sie ein Erfolg. Immerhin kennt jetzt ganz Europa die kruden Ansichten der Vereinigung.

S. Beck

Er ist der Satz des Tages. Manfred Rouhs spricht ihn aus, als auf dem Kölner Heumarkt bereits wieder abgebaut wird. "Aufmerksamkeit ist in der Politik immer eine wichtige Sache", sagt Rouhs eher nebenbei.

Und soviel Aufmerksamkeit wie an diesem Samstag ist dem Funktionär der rechtsradikalen Vereinigung "Pro Köln" wohl noch nie zuvor zuteil geworden. Dabei ist der Versammlungsplatz so gut wie leer geblieben. Großräumig hat die Polizei sämtliche Zufahrten gesperrt.

Nur wenige Anhänger von "Pro Köln" haben es geschafft, die Straßensperren zu überwinden. Die meisten von ihnen sitzen am Flughafen Köln-Bonn fest oder trauen sich erst gar nicht in die Nähe des Heumarkts.

NPD-Anhänger lungern herum

Die Cafés und Geschäfte sind geschlossen, Anwohner verfolgen das bizarre Geschehen vom Fenster aus. Eine Gruppe von NPD-Anhängern lungert herum. Ein paar Rentner mit "Pro Köln"-Stickern - das ist also der große Anti-Islamisierungskongress.

Und dennoch hat Rouhs, "Pro Köln"-Fraktionsgeschäftsführer im Stadtrat, sein Publikum gefunden. Denn den größten Teil der Zuhörer stellen die annähernd 100 Journalisten und Kameraleute, die sich begierig auf jeden stürzen, der ein paar dumme Thesen loswerden will.

Fernsehteams aus ganz Europa scharen sich um Rouhs, den Biedermann im grauen Anzug mit silberner Krawatte, der über die Junge Union, NPD und Republikaner schließlich zu "Pro Köln" kam. Er kann heute endlich einmal in aller Ruhe erklären, wie das ist, wenn "Dönerladen und Erzeugnisse der türkischen Zuwanderungskultur" das Stadtbild dominieren.

Versammlung verboten

Weil aber auch ein paar Gegner von "Pro Köln", darunter die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen von der Linkspartei, den Weg durch die Absperrungen gefunden haben, wird vor den Mikros heftig diskutiert.

Die große Show von Rouhs und seinen Gesinnungsgenossen findet dann aber doch ein vorschnelles Ende: Als der italienische Lega-Nord-Politiker Mario Borghesio auf der Bühne gerade irgendwas über Freiheit und Padanien daherredet, muss ihn Rouhs unterbrechen: "Mir ist das Verbot der Versammlung mündlich mitgeteilt worden", sagt Rouhs.

Borghesio ruft noch "Liberta!" hinterher, dann ist der offizielle Teil des Anti-Islamierungskongresses zu Ende und die "Pro Köln"-Funktionäre können sich wieder ganz den Interviews widmen. Bis nach einer guten halben Stunde ein Polizist erscheint und Rouhs zu Seite bittet: Er solle doch jetzt bitte mal sagen, wann und wie er den Platz räumen werde und nicht ständig irgendwelche Statements abgeben. Man sei ja schon dabei, sagt Rouhs, bevor er sich wieder Presse zuwendet. Sein Telefon klingelt: "Wir hatten es hier im Prinzip im Griff", sagt Rouhs mit Bedauern.

Er hätte es auch so formulieren können: Für "Pro Köln" lief es zwar nicht wie geplant, aber es war am Ende doch ein Erfolg: Ganz Europa kennt jetzt die kruden Ansichten eines Herrn Rouhs. Die Veranstaltung, kündigt er an, werde man auf jeden Fall wiederholen.

Die Polizei hatte die "Anti-Islam-Kundgebung" am Samstagmittag aus Sicherheitsgründen kurzfristig verboten. "Pro Köln" kündigte den Gang vors Verwaltungsgericht an. Dort wolle man prüfen lassen, ob das Verbot rechtens gewesen sei, und den Kongress gegebenenfalls nachholen.

Gegen die Veranstaltung, zu der etwa 300 Rechtsradikale anreisten, protestierten etwa 10.000 Menschen überwiegend friedlich, es gab aber auch einzelne Zwischenfälle. "Für uns hat die Sicherheit der Kölner Bevölkerung höchste Priorität. Es wäre völlig unverhältnismäßig, den 300 Teilnehmern der "Pro-Köln"-Veranstaltung mit Wasserwerfern und Spezialeinheiten den Weg zum Heumarkt zu ebnen", sagte Polizeipräsident Klaus Steffenhagen.

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