Rechtsradikale Jobbik-Partei:Ungarn protestieren gegen Judenhass
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Wütende Proteste, Solidaritätsbekundungen mit Judenstern: Mit seiner Hetze gegen Israel hat ein Abgeordneter der rechtsradikalen Jobbik-Partei in Ungarn einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Anlässe für ein Verbot der Antisemiten gäbe es genug.
Von Cathrin Kahlweit, Wien
Die offizielle Website der rechtsradikalen Jobbik-Partei in Ungarn ist seit Tagen voll mit antiisraelischen und antijüdischen Parolen: Man müsse sich übergeben, steht da in der üblichen, aggressiven Jobbik-Tonalität, wenn man sehe, wie der jüdische Staat mal wieder seine Opferrolle auslebe und den Genozid an den Palästinensern voller Selbstmitleid inszeniere.
Außerdem fordert Márton Gyöngyösi, der außenpolitische Sprecher der Partei, die Welt auf, sich endlich vom zionistischen Einfluss zu befreien. Zu sehen sind auch zahlreiche Fotos einer von Jobbik organisierten Anti-Israel-Demonstration, auf der Parteichef Gábor Vona sprach. Jobbik und deftiger Judenhass - das kennt man in Ungarn, aber einen Teil der Bürger stört das wenig: In Umfragen liegt Jobbik regelmäßig bei 20 Prozent.
Am Montag indes war es im Parlament zu einer besonders deftigen, antisemitischen Rede des Außenpolitikers Gyöngyösi gekommen. Seither schlagen die Wellen ungewohnt hoch im Abgeordnetenhaus, wo der Ton ohnehin scharf ist. Der Jobbik-Mann hatte in einer Debatte über das Vorgehen der Israelis gegen die Hamas im Gazastreifen die polemische Frage gestellt, ob eigentlich bekannt sei, wie viele Israelis sich in letzter Zeit in Ungarn angesiedelt hätten; außerdem solle eine Liste aller Juden in Regierung und Parlament erstellt werden, weil diese als Sicherheitsrisiko zu gelten hätten.
Opposition will Jobbik-Partei verbieten lassen
Der Staatssekretär im Außenministerium, Zsolt Németh, der an diesem Tag den Minister vertrat, stammelte ratlos ein paar Sätze darüber, dass solche Dinge nichts mit dem Nahost-Konflikt zu tun hätten. Inzwischen hat die Regierung mit einer expliziten Distanzierung von den Aussagen des stellvertretenden Jobbik-Fraktionschefs nachgelegt, aber das hilft nunmehr wenig: In Budapest demonstrieren aufgebrachte Menschen, einem Parlamentsmitarbeiter zufolge erschienen Abgeordnete der Partei von Ex-Premier Ferenc Gyurczány mit einem Judenstern zur Arbeit. Und die Opposition überlegt, ob sie sich mit der Forderung nach einem Verbot der rechtsradikalen Partei an den Generalstaatsanwalt wendet.
Anlass gäbe und gab es dafür genug, denn die Jobbik-Partei, die in der letzten Parlamentswahl mit knapp 17 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft geworden war, ist nicht nur antisemitisch, sondern auch rassistisch und neofaschistisch: Auf dem Parteitag im Frühsommer, auf dem Parteichef Vona die Machtübernahme 2014 ankündigte, stellte er auch eine "Lösung der Zigeunerfrage" und den Kampf gegen Juden, Linke sowie das internatonale Finanzkapital in Aussicht.
Die Ungarischen Garden, eine paramilitärische Organisation der Jobbik-Partei, sind zwar mittlerweile verboten, doch immer wieder marschieren Parteianhänger in den Uniformen der Garde durch Gegenden mit hohem Roma-Anteil, aber auch schon mal durch die Hauptstadt Budapest. In der Regel greift die Polizei nicht ein.