Süddeutsche Zeitung

Berlin:Keine Hinweise auf "politisch motivierte Auffälligkeiten"

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Sonderermittler weisen Kritik an den Ermittlungen der Polizei zur Anschlagsserie in Neukölln zurück. Der Verfassungsschutz müsse hingegen seine Rolle hinterfragen.

Von Florian Flade und Ronen Steinke, Berlin

Im Fall der rechtsextremen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln gibt es seit Langem den Verdacht, dass die Sicherheitsbehörden Augen zugedrückt oder gar mit den Tätern sympathisiert haben könnten. Ein Sonderermittler-Duo ist deshalb eingesetzt worden, an diesem Montag wird es im Berliner Innenausschuss seinen Zwischenbericht vorlegen. In dem Zwischenbericht, den die Süddeutsche Zeitung einsehen konnte, weist das Duo die meisten Kritikpunkte gegen die Sicherheitsbehörden zurück. Zuerst hatte der Tagesspiegel berichtet.

Hat Berlins Polizei für die Aufklärung solche Beamte eingesetzt, die selbst als Rechtsextreme bekannt sind? Es geht um mehr als 20 Brandstiftungen in Neukölln seit 2013. Durch den Fall eines Beamten, der Ansprechpartner für die Neuköllner Geschädigten war und dann in seiner Freizeit einen Flüchtling rassistisch angriff, sei der gesamte Polizeiabschnitt "in Misskredit" geraten, heißt es in dem Bericht, verfasst von der früheren Polizeipräsidentin von Eberswalde, Uta Leichsenring, und dem ehemaligen Bundesanwalt Herbert Diemer, der die Anklage im NSU-Prozess vertrat.

Die Hauptverdächtigen, drei Neonazis, sind auf freiem Fuß

Dennoch hätten sich "bisher keine Hinweise auf mögliche politisch motivierte Auffälligkeiten im Sinne bewusst mangelhafter Ermittlungen oder gar deren Unterlassung" ergeben. Insbesondere der Verdacht, dass Polizisten Dienstgeheimnisse weitergegeben hätten, sei sogar "ausgeräumt". Das Sonderermittler-Duo verweist auch auf den Fall eines Polizisten, der in seiner Freizeit in einer Gaststätte im Stadtteil Rudow beobachtet wurde, in der sich auch Rechtsextreme sowie die Hauptverdächtigen der Anschlagsserie träfen. Die Hauptverdächtigen der Anschlagsserie, die Neonazis Sebastian T., Tilo P. und Julian B., befinden sich auf freiem Fuß. Das Ermittlungsverfahren gegen diesen Polizisten sei inzwischen eingestellt.

Woran liegt es, dass es den Behörden nach so langer Zeit noch nicht gelungen ist, die Anschlagsserie in Neukölln zu stoppen? Im vergangenen Jahr war bereits der zuständige Oberstaatsanwalt strafversetzt worden, nachdem der Anschein aufgekommen war, er könne einmal eigene politische Sympathien gegenüber einem der Verdächtigen geäußert haben. Jetzt üben die beiden Sonderermittler nur sehr vorsichtig Kritik - an einer Institution. Dies ist das Landesamt für Verfassungsschutz.

Dieses sollte "zeitnah und eigenständig" noch einmal prüfen, ob es wirklich genug von seinen Erkenntnissen über Rechtsextreme mit der Polizei geteilt habe, heißt es in dem Zwischenbericht. Dazu müsse es in einen engen Dialog mit der Generalstaatsanwaltschaft und der Polizei "eintreten".

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