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Reaktionen auf Buschkowsky-Buch:Neuköllner Bürgermeister polarisiert mit Integrationsschelte

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Mehr Härte gegen Integrationsunwillige, Fundamentalisten und Straftäter - mit seinem Buch "Neukölln ist überall" provoziert Bezirksbürgermeister Buschkowsky heftige Reaktionen. Manche sehen darin die "bittere Realität in deutschen Ballungszentren" beschrieben, andere aber sprechen von Rassismus.

Roland Preuß

Es ist gekommen, wie Heinz Buschkowsky (SPD) es in seinem Buch vorhergesagt hat: Er ist heftig angegriffen worden für seine Aussagen zur Integrationspolitik; der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln erhält aber auch Unterstützung.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte am Wochenende, Buschkowsky gebe in seinem Buch "Neukölln ist überall" nicht immer die richtigen Antworten. Die von ihm beschriebenen Verhältnisse ließen sich nicht eins zu eins auf ganz Deutschland projizieren, sagte die FDP-Politikerin der Welt am Sonntag. "Er stellt die richtigen Fragen, auch wenn er für die Antworten gelegentlich den großen Pinsel benutzt."

Buschkowsky beschreibt in seinem am Freitag erschienenen Buch die gescheiterte Integration von Migranten aus Neuköllner Perspektive. Er fordert mehr Härte gegen Integrationsunwillige, religiöse Fundamentalisten und Straftäter.

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir warf Buschkowsky vor, in der Sprache des Boulevards zu formulieren. "Hier finden sich die üblichen Verallgemeinerungen, die Geschichten über die angeblich gescheiterte Integration, die übliche Abrechnung mit der multikulturellen Gesellschaft", sagte Özdemir, der selbst türkische Wurzeln hat.

Rassismus oder Beschreibung der Realität?

Der Bezirksbürgermeister von Kreuzberg, Franz Schulz, wirft seinem Neuköllner Kollegen im Spiegel eine "alarmistische, tendenziell rechtspopulistische Grundhaltung" vor. "Aus Kreuzberger Sicht ist das Rassismus - und es spiegelt vor allem nicht unsere Lebenswirklichkeit." Laut Schulz gibt es in seinem Bezirk dank umfangreicher Hilfsangebote große Fortschritte bei den Deutschkenntnissen türkisch- und arabischstämmiger Kinder.

Eher zustimmend äußerte sich Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Schuld an den Neuköllner Zuständen seien nicht allein der Staat oder die Gesellschaft, sagte sie. "Diese Jugendlichen müssen auch aufsteigen wollen und müssen erkennen, dass sie dafür was tun müssen." Zu einem funktionierenden Miteinander gehöre zudem Respekt.

Klare Unterstützung kam von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Was Buschkowsky beschreibe, sei bittere Realität in Teilen deutscher Ballungszentren und Großstädte. "Das geht so weit, wie Buschkowsky beschreibt, dass in bestimmten Vierteln ethnisch-religiöse Regeln staatliche Normen verdrängen."

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Quelle:
SZ vom 24.09.2012
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