Süddeutsche Zeitung

Profil:Matthias Kollatz-Ahnen

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Berliner Finanzsenator, der neues Personal für die Ämter einstellen will.

Von Jens Schneider

Wer verstehen will, warum in der Hauptstadt vieles hakt und klemmt, kann in dieser Zahl ein Indiz finden: 38 Wochen. So lange dauert es oft, bis in Berlins öffentlichem Dienst eine Stelle neu besetzt ist. Dabei werden dringend Mitarbeiter gebraucht in der boomenden Hauptstadt mit der maroden Infrastruktur. Es gibt Pläne für die Sanierung, aber in den Ämtern fehlt Personal, sie umzusetzen.

Wenn der rot-rot-grüne Senat seine Arbeit aufnimmt, richten sich viele Blicke auf den linken Kultursenator oder das grüne Verkehrskonzept. Für die Zukunft Berlins dürfte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen die entscheidende Figur sein. Noch seine Vorgänger setzten wegen der hohen Verschuldung Berlins einen harten Sparkurs durch, der 59-Jährige soll den Weg für ein "Jahrzehnt der Investitionen" bereiten.

Zwei Milliarden Euro jährlich will der Senat investieren, massiv Personal einstellen. Für die Personalplanung wird künftig allein der Finanzsenator verantwortlich sein. "Bei den Koalitionsverhandlungen war allen klar, dass Berlin vor einem großen Umbruch steht", sagt er. "Also wurde gesagt: Da wollen wir das in einer Hand haben." Dazu gehört etwa, dass Einstellungen beschleunigt werden: "Wir streben an, Stellen künftig in drei Monaten zu besetzen. Das wäre für Berlin eine Revolution."

Es ist eine Zeitenwende, die schon begann, als der Regierungschef Michael Müller ihn vor zwei Jahren in den Senat holte und der Senat mehr Mittel für Investitionen bereitstellte. Kollatz-Ahnen kam vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers, davor war er zunächst im Vorstand der Investitionsbank Hessens, danach der Europäischen Investitionsbank. Der Sozialdemokrat mit Leidenschaft für Zahlen ist Volkswirt und zugleich Physiker, promovierte 1988 in Physikalischer Ingenieurswissenschaft an der TU Berlin. Verheiratet ist er mit einer Kollegin, der Finanzministerin von Rheinland-Pfalz, Doris Ahnen; sie leben getrennt.

Von einem Jahrzehnt der Investitionen ist auch die Rede, weil es Jahre dauern dürfte, Berlin zu sanieren. Auf Skepsis bei Kritikern stößt die Idee, etwa den dringlichen Neubau von Schulen über Landesgesellschaften zu finanzieren, die Kredite aufnehmen sollen. Sie warnen vor Schattenhaushalten. Aber der Investitionsstau ist gigantisch, der Bedarf gewaltig.

Marode Schulen, Warteschlangen vor Bürgerämtern: das schlägt auf die Stimmung in Berlin. "Ich glaube zwar, dass die Lage schon jetzt besser ist als der Ruf", sagt der Senator. "Aber es gibt schon arge Missstände, die wir beseitigen müssen." Er denkt, dass die Stimmung gedreht werden kann - "nicht mit einer Heldentat, die alles besser macht. Das reicht nicht. Wir müssen die Verwaltungsdienstleistungen in der Breite besser machen."

Die Suche nach dem Personal wird ein Kraftakt. Kollatz-Ahnen gibt sich zuversichtlich. Viele Leute möchten für das Gemeinwesen arbeiten, sagt er: "Sie wollen bei den Guten sein."

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Quelle:
SZ vom 08.12.2016
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