Süddeutsche Zeitung

Profil:Lara Alqasem

Lesezeit: 2 min

Studentin aus den USA, die Israel nicht ins Land einreisen lassen will.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Warum fürchtet sich Israel vor dieser jungen Amerikanerin, fragten Bret Stephens und Bari Weiss, zwei konservative Kolumnisten der New York Times vorige Woche. Gemeint ist Lara Alqasem, 22, die sich am Sonntag bereits den zwölften Tag auf dem Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv befand. Ihr Konterfei taucht seit Tagen immer wieder in der Öffentlichkeit auf: eine dunkelhaarige, zierliche Brillenträgerin mit einem Ring in der Nase. Die US-Amerikanerin darf nicht nach Israel einreisen, trotz eines für ein Jahr gültigen Studentenvisums, das ihr das israelische Konsulat in Miami ausgestellt hat. Die Sicherheitsbehörden und der für strategische Angelegenheiten zuständige Minister Gilad Erdan werfen ihr vor, Boykottaktionen gegen den Staat Israel gefördert zu haben. Sie wollen Aqasem abschieben und in die USA zurückschicken.

Hiergegen ist Alqasem vor Gericht gezogen. Doch ihre Klage wurde vergangenen Freitag abgewiesen. Nun will die Studentin den Obersten Gerichtshof in Israel anrufen. Bis dieser spätestens am Mittwoch entscheidet, muss Alqasam auf dem Flughafen ausharren, darf aber nicht abgeschoben werden. Ein 2017 beschlossenes Gesetz sieht vor, dass Israel Unterstützern von Boykottmaßnahmen die Einreise verweigern darf.

Die Studentin aus Fort Lauderdale hat einen Studienplatz an der Hebräischen Universität in Jerusalem, wo sie ihren Master in Menschenrechtsstudien absolvieren will. Die Universität unterstützt sie in ihrem Rechtsstreit, 300 Akademiker weltweit haben einen Protestbrief unterzeichnet. Alqasem gibt an, sie sei bei der Einreise am Flughafen am 2. Oktober durch vier Beamte nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit gefragt worden. Ihre Großeltern sind Palästinenser. Alqasem war nach eigener Aussage von 2014 bis 2017 Mitglied der Vereinigung "Students for Justice for Palestine" an der Universität von Florida - laut Minister Erdan "eine der extremsten, hasserfülltesten BDS-Gruppen in den USA".

"BDS" steht für "Boykott, Desinvestition, Sanktionen" und ruft wegen der Besetzung der Palästinensergebiete zum Boykott Israels auf. Zwei Jahre lang sei sie die Präsidentin der Hochschulgruppe gewesen, sagt Alqasem, diese habe nie mehr als acht Mitglieder gehabt. Sie selbst habe aber nie aktiv an Boykottkampagnen teilgenommen und habe sich vor anderthalb Jahren von der Bewegung distanziert. Auch ihre Mutter Karin, die von Florida aus an die israelischen Behörden appelliert, sagt, ihre Tochter habe nie Drohungen gegen Israel geäußert.

Israels Behörden ziehen diese Angaben in Zweifel. Penibel hat der Geheimdienst Schin Bet Alqasems Äußerungen in sozialen Medien studiert. Als Beweis dafür, dass sie an zwei Veranstaltung der früher von ihr geleiteten Organisation teilgenommen habe, nannte die Staatsanwaltschaft zwei Facebook-Einträge von Alqasem. Da die Seite aber inzwischen gelöscht sei, könne man keinen Screenshot vorlegen. Alqasems Anwalt argumentiert, das Anklicken eines Facebook-Knopfes bedeute noch nicht, dass man an einer Veranstaltung tatsächlich teilgenommen habe.

Ehemalige Professoren und Gastlektoren beschreiben Alqasem als neugierige, sehr offene Studentin, die auch an Vorträgen von Holocaust-Überlebenden teilgenommen habe. Ihre Hebräisch-Dozentin an der Universität von Florida charakterisiert sie als hart arbeitend und ambitioniert. Sie habe auch Arabisch und internationale Beziehungen studiert, sei vielfältig interessiert, etwa auch an japanischer Folklore.

Ein Brief ihrer Anwälte mit der Versicherung, Alqasem werde sich in Israel nicht an Boykottaufrufen beteiligen, hat bislang nichts an der Einschätzung von Minister Erdan geändert. Der Likud-Politiker gibt offen zu, dass seine Regierung an Alqasem ein Exempel statuieren wolle: "Ich will, dass solche Boykottaktivisten verstehen, dass ihre Taten einen Preis haben."

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Quelle:
SZ vom 15.10.2018
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