Süddeutsche Zeitung

Profil:Cate Blanchett

Lesezeit: 2 Min.

Die Schauspielerin trotzt Corona als Jury-Präsidentin in Venedig.

Von Susan Vahabzadeh

Niemandem haben Elfenohren je besser gestanden. Zu Cate Blanchetts berühmtesten Auftritten gehören jene in den Verfilmungen von "Herr der Ringe" und "Der Hobbit", da spielte sie die mächtige Elbin Galadriel, und weil Blanchett mit ihrer makellosen Blässe und dem rötlich blonden Haar auch ohne spitze Aufsätze auf den Ohren feenhaft perfekt wirkt, musste sie für diese Rolle gar nicht viel von ihren außerordentlichen Verstellungskünsten aufbringen. Sie hat trotzdem 16 Preise dafür bekommen - und noch etwa 130 weitere für andere Filme. Und ein paar fürs Theaterspielen.

Das dürfte eine gute Vorbereitung sein auf die Mission, auf die sie sich am vergangenen Mittwoch begeben hat: Noch bis Ende der nächsten Woche ist sie bei den Filmfestspielen in Venedig, als Präsidentin der Jury, und wird dort über die 18 Wettbewerbsfilme richten. Sie ist zum Auftakt schon mit Maske vor den Fotografen aufgetreten; Festivalchef Alberto Barbera hat die Jury, zu der auch der deutsche Filmemacher Christian Petzold gehört, um Teilnahme an den Publikumsvorführungen gebeten, die unter besonderen Sicherheitsauflagen wegen der Corona-Pandemie stattfinden.

Blanchett, die eine US-amerikanische und eine australische Staatsangehörigkeit besitzt, lebt derzeit mit ihrer Familie in England. Venedig ist das erste größere Filmfestival seit der Berlinale im Februar, das tatsächlich physisch stattfindet. Sie sei angereist "aus Solidarität und zur Unterstützung der Filmemacher", die ihre Filme nur unter sehr schweren Bedingungen fertigstellen konnten, sagte sie bei der Eröffnungspressekonferenz. Dass das Festival überhaupt stattfinde, sei ein "miracolo" - ein Wunder. Es gibt jedenfalls weniger Filme, weniger Publikum und weniger Stars.

Der Jury-Vorsitz in Venedig muss für Cate Blanchett etwas Besonderes sein, denn hier hat ihre Weltkarriere vor 22 Jahren ihren Lauf genommen. Blanchett, 1969 in Melbourne geboren, hatte nach einer Komparsenrolle ihre Schauspielausbildung in Sydney begonnen und hatte dort fürs australische Fernsehen gearbeitet und auf der Bühne gestanden, als Shekhar Kapur sie in "Elizabeth" besetzte. Kapurs Film lebte von Cate Blanchetts Darstellung als Elizabeth I. als seltsame, komplexbeladene, manchmal machttrunkene Frau. Die Premiere fand im September 1998 in Venedig statt, Blanchett wurde für den Oscar nominiert - und wurde schlagartig zu einer der begehrtesten Schauspielerinnen Hollywoods.

Sie spielte Katharine Hepburn in Martin Scorseses Howard-Hughes-Biografie "The Aviator" (2004), da bekam sie den Oscar dann tatsächlich und wurde nicht nur nominiert. Den zweiten erhielt sie für Woody Allens "Blue Jasmine" (2013) , wo sie eine neurotische Frau spielt, die über ihre Schwester herfällt und ihr gute Ratschläge erteilt, obwohl sie selbst ihr ganzes Leben in den Sand gesetzt hat. Die Coppa Volpi, den Darstellerpreis in Venedig, hat sie auch schon einmal bekommen, für einen Auftritt in "I'm not there" (2007) von Todd Haynes - da spielte sie eine von sechs Versionen von Bob Dylan.

Vor dem Ausbruch der Pandemie hat Cate Blanchett eine Fernsehserie abgedreht, "Mrs. America", die gerade auch in Deutschland gezeigt wird - es ist ihre erste Fernseharbeit seit "Elizabeth". Die Geschichte handelt von der Antifeministin Phyllis Schlafly, die 1972 gegen den Verfassungszusatz ins Feld zog, der Frauen in den USA die Gleichstellung garantieren sollte. Mit einigem Erfolg: Er wurde bis heute nicht ratifiziert. Cate Blanchett, die sich in Venedig für eine genderneutrale Berufsbezeichnung für Schauspieler aussprach und 2018 einen "Me Too"-Protest bei den Filmfestspielen in Cannes anführte, hat sich auch in diese Rolle hineingefunden. So gut, dass sie nun für einen Preis nominiert ist, den sie bislang noch nie gewonnen hat: den Emmy für die beste Schauspielerin in einer Mini-Serie im Fernsehen.

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SZ vom 05.09.2020
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