Süddeutsche Zeitung

Medien:Polens Regierung löst öffentlich-rechtliche Medien formell auf

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Es soll aber weiter gesendet werden. Mit diesem Schritt geht der Streit zwischen dem neuen und dem alten Regierungslager um die Öffentlich-Rechtlichen in die nächste Runde.

Die neue proeuropäische polnische Regierung von Donald Tusk will die öffentlich-rechtlichen Medien formell auflösen, aber die Arbeitsplätze erhalten. "Nach der Entscheidung von Polens Präsidenten, die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien auszusetzen, habe ich beschlossen, die Unternehmen TVP, das polnische Radio und die Nachrichtenagentur PAP in Liquidation zu überführen", schrieb Kulturminister Bartlomiej Sienkiewicz auf der Plattform X. So könne das weitere Funktionieren dieser Medien gesichert und ihre Umstrukturierung fortgesetzt werden.

In der vergangenen Woche hatte Sienkiewicz mit einem Schlag die gesamte Führung der Öffentlich-Rechtlichen gefeuert, was zu Sitzblockaden durch PiS-Anhänger in den Rundfunkbüros führte. Die Regierung Tusk wirft den Medien vor, sie hätten in den vergangenen Jahren unter der inzwischen abgewählten nationalkonservativen PiS-Regierung Parteipropaganda verbreitet. Auch internationale Organisationen hatten die einseitige Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen kritisiert.

Am Samstag hatte Polens Präsident Andrzej Duda, der selbst aus den Reihen der PiS stammt, sein Veto gegen ein Gesetz der Regierung von Tusk eingelegt, das die Subventionierung der Öffentlich-Rechtlichen mit umgerechnet 690 Millionen Euro vorsah. Duda begründete seinen Schritt damit, dies sei eine Umgehung der Verfassung und ein Bruch mit rechtsstaatlichen Prinzipien. Er warf Tusk in diesem Zusammenhang Anarchie vor.

Zuvor hatte Tusk erklärt, er sei bereit, in Zukunft mit Duda und Mitgliedern der PiS zusammenzuarbeiten, um eine "ausgewogenere öffentliche Medienlandschaft" und ein stabiles Finanzierungssystem zu schaffen, das die derzeitigen Subventionen des Finanzministeriums ersetzt.

Tusk, der vor zwei Wochen sein Amt antrat, zeigte sich enttäuscht über Dudas Veto-Entscheidung bezüglich des Finanzierungsgesetzes. Das Einschreiten des Präsidenten kann als Zeichen dafür verstanden werden, dass Duda nicht davor zurückschrecken wird, Reformen des Premierministers und früheren EU-Ratspräsidenten Tusk zu torpedieren.

Tusk zeigt sich ernüchtert

"Meine Erwartungen und Hoffnungen in Bezug auf das Handeln des Präsidenten sind in letzter Zeit stark gesunken", sagte Tusk vor Reportern in Warschau. Die PiS habe sich gegen den jetzigen Schritt gewehrt, weil "sie sich in den letzten acht Jahren daran gewöhnt hat, die öffentlichen Medien als ihr Eigentum zu behandeln", sagte er.

Unter der PiS-Regierung war Polen in den vergangenen Jahren in mehreren Bereichen auf Konfrontationskurs zur EU gegangen. Wegen Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit stieß eine Justizreform in Brüssel auf besonders scharfe Kritik. Aber auch der Umgang mit den Medien wurde klar moniert. Milliarden von EU-Geldern für Polen wurden wegen des Streits eingefroren. Polens neue Regierung will nun unter anderem die Justizreform der PiS rasch rückgängig machen.

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SZ/dpa/Bloomberg/jael
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