Süddeutsche Zeitung

Pflegekosten im Alter:Ein unterschätztes Risiko

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Sozialverbände fordern eine "solidarische Pflegevollversicherung", die über die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach hinausgeht.

Nur jeder siebte Befragte glaubt einer Umfrage zufolge, sich im Fall einer Pflegebedürftigkeit die Kosten dafür leisten zu können. Gleichzeitig unterschätzen mehr als drei Viertel, welche Kosten in einem Pflegeheim auf sie zukommen. Das teilte der Paritätische Gesamtverband mit, der das Meinungsforschungsinstitut Forsa mit einer entsprechenden Erhebung betraut hat. Im Durchschnitt müssten Pflegebedürftige derzeit im ersten Jahr ihres Aufenthaltes in einem Pflegeheim 2700 Euro pro Monat selbst bezahlen, davon 1250 Euro für die pflegerische Versorgung, hieß es von dem Verband, und diese Aufwendungen würden eben oft unterschätzt.

Die Regierung solle die Pflegeversicherung "aus der Sackgasse" holen

Ein Bündnis verschiedener Sozialverbände und Gewerkschaften sieht durch die Umfrageergebnisse seine Forderung nach einer "solidarischen Pflegevollversicherung" untermauert. Eine solche Vollversicherung müsse alle pflegebedingten Kosten übernehmen, sowohl stationär als auch ambulant, verlangt das Bündnis. Dabei könnte ein unabhängiger pflegerisch-medizinischer Dienst die als bedarfsgerecht erachteten Pflegeleistungen festlegen. Laut der Umfrage unterstützen 81 Prozent der Befragten eine Ausweitung der Pflegeversicherung in eine solche Pflegevollversicherung. 14 Prozent hielten es für besser, die Pflegeversicherung nicht auszubauen und stattdessen individuell für den Pflegefall vorzusorgen.

"Pflegebedürftigkeit entwickelt sich immer mehr zu einer regelrechten Armutsfalle", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, bei der Vorstellung der Studie am Donnerstag in Berlin. Es sei "höchste Zeit, dass die Bundesregierung die Pflegeversicherung aus der Sackgasse holt und den Menschen mit einer Pflegevollversicherung Sicherheit gibt". Die Pflegereform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sei nicht geeignet, um das Problem der steigenden Kosten in den Griff zu bekommen, sagte Schneider. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren Ende 2021 knapp fünf Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Etwa vier von fünf Pflegebedürftigen werden zu Hause von Angehörigen versorgt.

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