Süddeutsche Zeitung

Personalpolitik:Europäisches Parlament rügt Schulz wegen Personalentscheidungen

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SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat vom Europäischen Parlament eine Rüge für Personalentscheidungen aus seiner Zeit als Parlamentspräsident erhalten. Die Abgeordneten stimmten am Donnerstag mehrheitlich dafür, Beförderungsbeschlüsse und Prämienzahlungen ihres früheren Präsidenten in einem Belastungsbericht infrage zu stellen.

Angaben der Parlamentsverwaltung zufolge hatte Schulz Mitarbeitern Sonderzulagen in Höhe von 1300 bis 2200 Euro pro Monat gezahlt. Die Parlamentsverwaltung erklärte dies damit, dass über die höheren Sonderzulagen eine Benachteiligung der betroffenen Mitarbeiter verhindert werden sollte. Diese hätten nach dem Eintritt in das Kabinett von Schulz eigentlich sofort das Anrecht gehabt, eine Gehaltsstufe höher eingeordnet zu werden. Weil dies erst eineinhalb Jahre später möglich gewesen sei, habe Schulz die Zahlung der hohen Zulagen veranlasst, heißt es.

Die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Inge Gräßle, argumentiert, dass eine Statutsreform eigentlich eine automatische Höherstufung von bereits sehr gut entlohnten Mitarbeitern verhindern sollte. Mit Schulz' Entscheidungen sei diese ausgehebelt worden.

Ein weiterer Vorwurf ist, dass Schulz es zuließ, dass ein Mitarbeiter für sich und Kollegen Beförderungsbeschlüsse formulierte. Mit nach Angaben der Parlamentsverwaltung regelwidrigen Entscheidungen sollte festgelegt werden, dass die Mitarbeiter nach ihrem Ausscheiden aus dem Team von Schulz lukrative Dienstgrade behalten. Schulz hatte die als Präsidentenbeschluss verfassten Entscheidungen im Oktober 2015 unterschrieben. Sie waren erst von der Parlamentsverwaltung gestoppt worden. Letztlich erhielten die Mitarbeiter im Dezember 2015 nur eine deutlich unattraktivere Beförderung.

Besonders umstritten ist auch die "Dauerdienstreise" des engen Schulz-Vertrauten Markus Engels nach Berlin. Die Reise wird als kritikwürdiger Umgang mit Steuergeldern bezeichnet. Engels hatte bereits vor Beginn der "Dienstreise" in Berlin gelebt, durch die vertragliche Konstruktion erhielt er eine Auslandszulage von 16 Prozent. Der betroffene Mitarbeiter ist heute SPD-Wahlkampfmanager.

Das EU-Amt für Korruptionsbekämpfung hat von einem Verfahren abgesehen

Schulz war von 2012 bis Anfang 2017 Präsident des Europaparlaments. Zu den Vorwürfen, in dieser Zeit Mitarbeiter auf Kosten von Steuerzahlern begünstigt zu haben, hat er bislang kaum Stellung bezogen. In einem Interview bezeichnete er seine Personalentscheidungen lediglich als "korrekt" und erklärte das Vorgehen des Parlaments gegen ihn als ein Wahlkampfmanöver, für das sich "Anti-Europäer, Konservative und Grüne" zusammengetan hätten.

Als Beleg für diese Sichtweise sehen Sozialdemokraten die Entscheidung des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (Olaf), kein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Schulz oder frühere Mitarbeiter einzuleiten. Dies kann allerdings nur als Hinweis darauf gelten, dass es nicht zu juristisch anfechtbaren Entscheidungen kam. Für die Untersuchung eines fragwürdigen Umgangs mit Steuergeldern innerhalb der Regeln sind die Betrugsbekämpfer nicht zuständig.

Allerdings hatte der Haushaltskontrollausschuss bereits im März mehrheitlich dafür gestimmt, Beförderungsbeschlüsse und Prämienzahlungen des früheren Parlamentspräsidenten in einem Entlastungsbericht infrage zu stellen. Das ist nun passiert.

Im Gegensatz zu Olaf kann das Parlament sich auch zu Vorgängen kritisch äußern, die legal, aber vielleicht nicht legitim sind. Als solcher fragwürdiger Umgang wird in dem jetzt angenommenen Bericht des Parlaments die Praxis von Dauerdienstreisen bezeichnet. Damit wird auf den Fall des Schulz-Vertrauten Markus Engels angespielt. Der Deutsche wurde 2012 von Schulz auf Dauerdienstreise nach Berlin geschickt, obwohl er bereits zuvor in der deutschen Hauptstadt seinen Lebensmittelpunkt hatte. Für den heutigen SPD-Wahlkampfmanager Engels bedeutete diese Vertragskonstruktion, dass er von einer 16-prozentigen Auslandszulage und zumindest zeitweise von Tagegeldern profitieren konnte.

Nach der Abstimmung muss sich nun erneut die Parlamentsverwaltung mit den Themen befassen und zu den Handlungsaufforderungen Stellung beziehen.

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