Süddeutsche Zeitung

Parteiquerelen vor der Europawahl:Piraten verlieren halben Bundesvorstand

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Die Piratenpartei zerlegt sich selbst: Drei Vorstandsmitglieder treten zurück, bekannte Gesichter kehren der Partei den Rücken. Mitten im Europawahlkampf stehen die Piraten - mal wieder - ohne Führung da.

Sie erinnern sich? Die Piraten? Vor ein paar Jahren waren sie die erfolgreichen Polit-Newcomer - quasi aus dem Stand holten sie 2011 und 2012 bis zu 8,9 Prozent bei Landtagswahlen. Und jetzt? Haben sie nicht mal mehr einen richtigen Vorstand. Drei der sieben Mitglieder des Bundesvorstands sind zurückgetreten. Der Grund: Sie könnten den Kurs der Partei nicht mehr mittragen. Damit müssen die Piraten zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ihre Führungsriege weitgehend austauschen.

Es sei dem Vorstand nicht gelungen, in den jüngsten Querelen einen gemeinsamen Kurs zu finden, erklärten Stephanie Schmiedke, Stefan Bartels und Björn Semrau. "Mit unserem Rücktritt aus dem Bundesvorstand wollen wir sowohl uns als auch Euch die Gelegenheit geben, die Piraten endlich von ihrem politischen Schlingerkurs zu befreien", schrieben sie in einer am Sonntagabend im Internet veröffentlichten Erklärung. Die verbliebenen vier Vorstände werden die Partei kommissarisch weiterführen, bis die Partei auf einem außerordentlichen Parteitag einen neuen Vorstand gewählt hat.

Auslöser des jüngsten Streits war eine Oben-ohne-Aktion zweier Frauen in Dresden Mitte Februar. Daran beteiligt hatte sich auch die Berliner Piraten-Kandidatin für die Europawahl, Anne Helm: Auf ihren nackten Oberkörper hatte sich die Piratin den Satz "Thanks Bomber Harris" gemalt - ein in Antifa-Kreisen üblicher, provozierender Dank an die Alliierten für die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg. Der innerparteiliche Streit über die Aktion eskalierte, linke Kräfte stehen eher liberalen unversöhnlich gegenüber. Zuletzt waren prominente Parteifiguren wie der Düsseldorfer Anwalt Udo Vetter und die ehemalige Berliner Spitzenkandidatin Cornelia Otto aus der Partei ausgetreten.

"Im Grunde genommen sind wir in einem großen Positionierungsstreit gelandet, wo sich die Partei hin entwickeln will", sagte Parteisprecherin Anita Möllering am Montag. Der Zeitpunkt für die aktuellen Konflikte ist ungünstig: Mitten im Europawahlkampf zerlegt sich die Partei selbst. Dabei hätte sie dieses Mal vergleichsweise gute Aussichten auf Sitze im Europaparlament, nachdem das Bundesverfassungsgericht kürzlich die Drei-Prozent-Hürde bei den Europawahlen für verfassungswidrig erklärt hatte.

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