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Parlamentswahl in Portugal:Ministerpräsident Passos Coelho feiert seine Wiederwahl

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Von Thomas Urban, Lissabon

Die Mitte-rechts-Koalition in Lissabon ist aus den Parlamentswahlen am Sonntag als Siegerin hervorgegangen. Sie erreichte demnach knapp 39 Prozent der Stimmen und überflügelte somit die Sozialistische Partei (PS), die auf etwa 32 Prozent kam und zur zweitstärksten Kraft wurde. Das Regierungslager feierte am Sonntagabend bereits den Sieg. Doch ob es für die von Premierminister Pedro Passos Coelho geführte Koalition für eine Mehrheit im 230 Sitze zählenden Parlament reicht, war noch unklar. Bei der letzten Parlamentswahl 2011 hatte das Mitte-rechts-Lager noch 50,4 Prozent der Stimmen geholt und die absolute Mehrheit im Parlament errungen. Mit dem Endergebnis wurde für den frühen Montagmorgen gerechnet.

Die Wahlen fanden starke internationale Beachtung, weil die Regierung die letzten vier Jahre ein hartes Sparprogramm umgesetzt hatte und sich damit zunächst lange in einem Umfragetief befand. Das Ergebnis wird von Befürwortern der Sanierung des Staatshaushaltes durch Kürzung der öffentlichen Ausgaben als Beleg für die Richtigkeit dieses Weges angesehen. Passos Coelho, der Chef der Sozialdemokratischen Partei (PSD), die trotz ihres Namens liberalkonservative Positionen vertritt, konnte während des Wahlkampfes darauf verweisen, dass dank des Sparprogramms das 10,5 Millionen Einwohner zählende Land die Rezession überwunden habe.

Während seiner Amtszeit ist die Arbeitslosigkeit von 17,4 auf rund zwölf Prozent gesunken. Für Ende 2015 wird ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent erwartet. Den Kurs der Austerität hatten der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und die Europäische Union verlangt; diese "Troika" hatte das hoch verschuldete Land mit Garantien für Kredite über insgesamt 78 Milliarden Euro 2011 vor dem Staatsbankrott gerettet.

Sozialistenchef António Costa, der populäre frühere Oberbürgermeister von Lissabon, räumte in einer ersten Stellungnahme die Niederlage seiner Partei ein und gratulierte Passos Coelho zum Sieg. Er hoffe, dass nun eine stabile Regierung gebildet werden könne, erklärte Costa. Die Meinungsforscher hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem von Passos Coelho geführten Regierungsbündnis "Portugal vorn" und den Sozialisten vorausgesagt. Während der Kampagne war Costa schon als künftiger Regierungschef gehandelt worden, er hatte eine Koalition mit dem Lager des früheren Bankenmanagers Passos Coelho aber ausgeschlossen. Doch wird es nun in Lissabon für den Fall, dass die PSD nicht gemeinsam mit ihrem bisherigen Juniorpartner, der konservativen Volkspartei, die Mehrheit der Mandate erreicht, für möglich gehalten, dass eine Große Koalition aus PSD und PS zustande kommt.

In der Schlussphase des Wahlkampfes war die Zustimmung zu Costa deutlich abgesackt, nachdem dieser hatte zugeben müssen, dass auch er keine Alternative zur Fortsetzung des Sparkurses sehe. Er versprach nur eine geringfügige Erhöhung der Sozialleistungen. Hinzu kam, dass die Verfehlungen des letzten sozialistischen Premierministers José Sócrates in der Kampagne ausführlich zur Sprache kamen. Costa war hinter ihm die Nummer 2 der PS gewesen. Sócrates hatte 2011 nach einem wirkungslos verpufften staatlichen Investitionsprogramm den Canossagang nach Brüssel antreten müssen.

Im vergangenen November war er unter dem Vorwurf, bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben, inhaftiert worden. In den portugiesischen Boomjahren vor 2007 hatte Sócrates neben Gerhard Schröder, Tony Blair und dem Spanier José Luis Zapatero zu den smarten "Sunnyboys der Sozialdemokratie" gehört, die die Arbeiterbewegung mit dem Big Business versöhnen wollten. Allerdings hatte er sich Strukturreformen verschlossen.

Sollte die bisherige Regierungskoalition nicht über die Mehrheit der Mandate verfügen, so wäre rein rechnerisch ein Zusammengehen der Sozialisten mit zwei linken Gruppierungen möglich, so wie es im benachbarten Spanien für die dort im Dezember stattfindenden Wahlen in der Diskussion ist. Doch diese Gruppierungen, die Demokratische Einheitskoalition (CDU) und der Linksblock (BE), die auf jeweils rund acht Prozent der Stimmen kamen, möchten das Land nicht nur aus der Eurozone und der EU, sondern auch aus der Nato führen. Diese Positionen aber sind für die PS nicht verhandelbar.

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SZ vom 05.10.2015
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