Süddeutsche Zeitung

Österreich:Das Lächeln der Mona Lisa

Lesezeit: 2 Min.

Tritt Pamela Rendi-Wagner als Chefin der SPÖ nach der Kärnten-Wahl am Sonntag zurück? Nachgefragt beim Leopoldstädter, der dazu vielleicht mehr weiß.

Kolumne von Martin Zips

"Da hast du's wieder", hat mein Freund, der Leopoldstädter, gesagt. "Immer diese Streitereien bei den Sozis. Nicht zum Aushalten." Er ist auf dem Kaffeehaus-Sofa gesessen. Dort, wo er immer so wild mit den Zeitungshaltern fuchtelt. "Was meinst du denn, bitte?", habe ich auf der anderen Seite des Tisches gefragt und mir mein Frühstücksei geköpft. "Na, jetzt bei dem Pressestatement mit Pamela Rendi-Wagner. Da hat eine ORF-Reporterin gefragt, ob es stimme, was viele österreichische Zeitungen so schreiben: Dass sie bald als SPÖ-Chefin zurücktritt."

"Ach so", habe ich geantwortet und dem Leopoldstädter den Zeitungshalter aus der Hand genommen, da ich Angst hatte, er könne mir damit ein Auge ausstechen. "Das musst du nicht so ernst nehmen", habe ich ihm erklärt. "Führungsdebatten sind beliebt. Weil es meist leichter ist, eine Person zu Fall zu bringen, als einen Beschluss durchs Parlament."

"Schau, schau", hat der Leopoldstädter da mit heiserer Stimme geantwortet. "Der Herr ist ein Philosoph!" Und dann hat er vor mir auf seinem Handy herumgewischt, weil er mir unbedingt den ZiB1-Beitrag zeigen wollte, um den es ihm ging. "Rendi-Wagner antwortet gar nicht auf die Frage der ORF-Reporterin! Sie lächelt nur. Wie die Mona Lisa. Und Bürgermeister Michael Ludwig sagt, dass er als Wiener SPÖ-Chef ,goanz stoark' hinter ihr stehe. Und jetzt kommt auch noch der frühere Bundespräsident Heinz Fischer nach vorne und umarmt sie."

"Ja mei", habe ich gesagt, "das ist doch auch eine Antwort, so kurz vor der Kärnten-Wahl. In Berlin jedenfalls hat der frühere Bürgermeister Michael Müller so etwas Nettes nicht gemacht. Der hat immer nur so getan, als sei die vermurkste Wahl das Problem von seiner Parteigenossin Franziska Giffey, nicht seins. Und nun: übernimmt die CDU." "Du senile Mumie!", hat der Leopoldstädter da gerufen. "Sei doch froh, dass es mit deiner Hauptstadt endlich wieder aufwärtsgeht." Eigentlich wollte mir der Leopoldstädter auf seinem Handy jetzt noch die neuesten Insta-Fotos von "Gas-Gerd" zeigen und irgendwas mit Wrabetz, Kern und Doskozil. Wahrscheinlich, um seine grundlegende These über den Verfall der Sozialdemokratie irgendwie zu erhärten.

Aber blöderweise hat er sein Handy mit der Face-ID nicht entsperrt bekommen, weil er es falsch herum gehalten hat. Also ungefähr so wie Alice Schwarzer das Mikro bei der Demo vor dem Brandenburger Tor. Als ihm sein Handy dann in den Kaffee gefallen ist und alles voller Milchschaum war, da ist der Kellner gekommen und hat sehr mit ihm geschimpft. Aber natürlich bin ich sofort aufgestanden und habe gesagt, dass ich "goanz stoark" hinter ihm stehe, weil der Leopoldstädter ja mein Freund ist, wenn auch politisch manchmal etwas seltsam. Und dann sind der Leopoldstädter und ich ein Bier trinken gegangen.

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