Süddeutsche Zeitung

Österreich:FPÖ-Politiker tritt nach rassistischem Gedicht zurück

Lesezeit: 2 min

Mit einem rassistischen Gedicht in einem Parteiblatt der FPÖ hat der Vizebürgermeister der österreichischen Stadt Braunau, Christian Schilcher, Empörung ausgelöst. Er habe mit seinem Text "provozieren, aber keinesfalls beleidigen oder gar jemanden verletzen" wollen, teilte der FPÖ-Politiker noch am Montag mit. Doch nun hat er seinen Posten geräumt.

Unter dem Titel "... die Stadtratte (Nagetier mit Kanalisationshintergrund)" hatte Schilcher Menschen mit Ratten verglichen und war zudem über Migranten hergezogen. Aus Sicht einer heimischen Ratte dichtete er unter anderem: "So, wie wir hier unten leben,/ müssen and're Ratten eben,/ die als Gäst' oder Migranten,/ auch die, die wir noch gar nicht kannten,/ die Art zu leben mit uns teilen!/ Oder rasch von dannen eilen!".

"Er hat im wahrsten Sinn des Wortes in den politischen Müll gegriffen", sagte dazu FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei einer Pressekonferenz, bei der er auch den Rücktritt des Politikers verkündete. Das Gedicht stelle ein Fehlverhalten dar, das nicht mit den Grundsätzen der FPÖ vereinbar sei, sagte Strache, aus dessen Partei allerdings auffallend häufig fragwürdige Äußerungen kommen. Auch der FPÖ-Chef in Oberösterreich, Manfred Haimbuchner, bestätigte der österreichischen Nachrichtenagentur Apa zufolge den Rücktritt Schilchers.

Der laut Impressum verantwortliche Braunauer FPÖ-Stadtrat Hubert Esterbauer räumte im Gespräch mit dem österreichischen Standard ein, dass der Vergleich mit Ratten heikel und problematisch sei.

Das Gedicht hatte am Wochenende für Diskussionen und eine scharfe Reaktionen quer durch die Parteien gesorgt. Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen ÖVP in Wien gemeinsam mit der FPÖ regiert, bezeichnete die Wortwahl als "abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch". Den Rücktritt bewertete er als "die einzig logische Konsequenz". Oberösterreichs ÖVP-Landeschef Thomas Stelzer, der auf Landesebene ebenfalls mit der FPÖ zusammenarbeitet, bezeichnete das Gedicht als "widerlich".

Staatsanwaltschaft prüft Verfahren wegen Verhetzung

Die Oppositionsparteien SPÖ, Neos und Liste Jetzt forderten dem österreichischen Standard zufolge Konsequenzen auch für die Regierungsbeteiligungen der FPÖ. Bruno Rossmann, Jetzt-Klubobmann (vergleichbar der Position des Fraktionschefs in Deutschland) forderte demnach den Kanzler auf, die "Reißleine zu ziehen" und die Koalition mit der FPÖ zu beenden. Selbiges gelte für die Landeshauptleute in Oberösterreich und dem Burgenland, wo die FPÖ mitregiert. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried verlangte von Kurz, "diesen Spuk" zu beenden.

Und Nikolaus Scherak, Vizeklubchef der Neos, sagte - wohl mit Blick auf die Vielzahl ähnlicher Vorkommnisse bei der FPÖ -, eine Distanzierung bringe "herzlich wenig". Derartige Aussagen seien offensichtlich im Kern der FPÖ.

Außer den politischen könnte das Gedicht für den zurückgetretenen Vizebürgermeister auch noch juristische Folgen nach sich ziehen: Die Staatsanwaltschaft prüft dem Standard zufolge, ob sie ein Verfahren wegen des Verdachts auf Verhetzung einleitet.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4418768
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/gal
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.