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Obama und der Wahlkampf im Regen:Nur Trottel tragen Regenschirme

Zynisch, aber wahr: Eine Naturkatastrophe wie Sturm "Sandy" bietet Politikern die perfekte Bühne. US-Präsident Barack Obama kann sich bei der Bildsprache an berühmten Beispielen orientieren - auch an negativen.

Zynisch, aber wahr: Eine Naturkatastrophe wie Sturm "Sandy" bietet Politikern die perfekte Bühne. US-Präsident Barack Obama kann sich bei der Bildsprache an berühmten Beispielen orientieren - auch an negativen. Sturm "Sandy" hat die Ostküste der USA erreicht - und auch den Präsidentschaftswahlkampf. Offiziell pausieren Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Mitt Romney zwar, doch tatsächlich geht der Wahlkampf unter einem neuen Motiv weiter: Krisenmanagement. Der Präsident steht vor der Herausforderung, einen möglichst tatkräftigen, widerstandsfähigen Eindruck zu machen. Die Fotografen tun ihm den Gefallen, ihn im Laufschritt die Stufen zur Air Force One nehmend abzulichten, umgeben von Nebelschwaden. Aus PR-Sicht optimal ...

... ist auch dieses Motiv: Der Präsident im strömenden Regen. Ungeschützt, doch aufrecht. Hilfsmittel wie ein Regenschirm oder eine Kapuze sind verpönt. Sie können sogar verheerende Folgen für die Außenwirkung eines Anführers haben. Das bekannteste Beispiel stammt ...

... aus dem Sport: Der englische Fußball-Nationaltrainer Steve McClaren wurde zum Gespött der Nation, weil er Schutz vor dem Regen suchte, während seine Elf die Qualifikation für die Europameisterschaft 2008 verspielte. "The wolly with the brolly", der Trottel mit dem Regenschirm, war kurz darauf seinen Job los.

Als Positivbeispiel wird stets Bundeskanzler Gerhard Schröder angeführt, der 2002 in Gummistiefeln durch die verschlammte Innenstadt von Grimma stapfte und die Folgen der "Jahrhundertflut" an Elbe und Donau inspizierte. Der entschlossene Auftritt Schröders gilt als maßgeblich für die Wiederwahl der rot-grünen Bundesregierung.

Bei Terminen in geschlossenen Gebäuden ist es für Politiker in Krisenzeiten ratsam, Fachwissen und Tatkraft zu vermitteln. Auch unter Zuhilfenahme externer Kräfte: Barack Obama posiert hier mit Craig Fugate, dem Chef der US-Krisenbewältigungsbehörde Fema.

Als Herausforderer ist es für Mitt Romney einerseits einfacher, auf die Krise zu reagieren: Er kann auf Fehler seines Kontrahenten hoffen und reagieren. Andererseits ist das eine passive Rolle, die auch die Bildsprache erschwert. Romneys Kampagne reagiert mit volksnahen und ...

... dynamischen Motiven, die ihren Mann als vielreisenden Kümmerer darstellen. Mangels Niederschlag greift Romney hier auf einen anderen Trick zurück: Er verzichtet auf ein Sakko, was ihn hemdsärmeliger erscheinen lässt.

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