Süddeutsche Zeitung

NSU-Prozess:Noch ein Befangenheitsantrag von Zschäpe

Lesezeit: 2 min

Von Wiebke Ramm, München

Der NSU-Prozess ist seit zwei Wochen unterbrochen. Sechs Verhandlungstage sind wegen mehrerer Ablehnungsanträge der Angeklagten Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben und André E. bereits ausgefallen. Am Freitag teilte eine Sprecherin des Oberlandesgerichts München auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung mit, dass ein weiterer Ablehnungsantrag von Zschäpe gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl eingegangen ist.

Zschäpes neuester Befangenheitsantrag habe den Senat bereits am Mittwoch erreicht. Das Gericht hat daraufhin den nächsten Verhandlungstag abgesagt. Der Prozess soll nun - statt wie geplant am Dienstag - erst am Mittwoch fortgesetzt werden.

Es ist aktuell der dritte Antrag, mit dem die mutmaßliche NSU-Terroristin Richter Götzl als befangen ablehnt. In einem vierten Antrag hatte Zschäpe zudem ihre Sorge über eine Voreingenommenheit des Beisitzenden Richters, Peter Lang, formuliert. Eine Entscheidung über die Anträge steht nach Angaben der Gerichtssprecherin noch aus.

Es könnte zeitnah mit den Plädoyers begonnen werden

Hintergrund von Zschäpes Offensive gegen das Gericht ist eine Frist, die Richter Götzl Anfang März gesetzt hatte. Am 351. Hauptverhandlungstag hatte der Vorsitzende Richter verfügt, dass die Prozessbeteiligten nur noch eine Woche Zeit bekommen sollten, um zum Beispiel weitere Zeugen oder Beweise zu benennen. Beweisanträge, die nach Ablauf einer solchen Frist gestellt werden, können vom Gericht leichter abgelehnt werden. Damit hatte Götzl deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht die Beweisaufnahme an ihrem Ende angelangt ist und zeitnah mit den Plädoyers begonnen werden könnte.

Die Verteidiger von Zschäpe und Wohlleben kritisierten die Frist als unverhältnismäßig kurz. Zschäpe reagierte mit einer Reihe von Befangenheitsanträgen, denen sich Wohlleben und auch André E. zum Teil anschlossen haben. Eines haben sie damit bereits erreicht: Götzls Frist gilt längst nicht mehr. Bereits einen Tag nach seiner Verfügung teilte Götzl in der Hauptverhandlung mit, dass "eine Änderung der Fristsetzung erfolgen wird". Eine neue Frist gibt es bislang nicht.

Psychiater Saß nimmt ihr die emotionale Abhängigkeit nicht ab

Zschäpes Verteidiger benötigen offenbar noch Zeit für zwei Sachverständige, mit deren Hilfe sie gegen das Gutachten von Psychiater Henning Saß angehen wollen. Zschäpes Verteidiger Wolfgang Stahl, Anja Sturm und Wolfgang Heer haben bereits begonnen, das methodische Vorgehen von Saß mithilfe von Professor Pedro Faustmann von der Ruhr-Universität Bochum anzugreifen. Und Zschäpes weitere Verteidiger, Mathias Grasel und Hermann Borchert, überlegen, Professor Joachim Bauer vom Universitätsklinikum Freiburg ein neues Gutachten über Zschäpe erstellen zu lassen.

Psychiater Saß hatte in seinem Gutachten deutlich gemacht, dass er es Zschäpe nicht abnimmt, dass sie nur aufgrund emotionaler Abhängigkeit fast 14 Jahre lang mit den Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zusammen im Untergrund gelebt und die zehn überwiegend rassistisch motivierten Morde und zwei Sprengstoffanschläge nicht auch selbst gewollt hat.

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