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Niederlande:Rutte übersteht Misstrauensantrag knapp

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Bis in den Morgen debattiert das Parlament über eine mutmaßliche Lüge des Ministerpräsidenten bei den Sondierungsgesprächen. Er gewinnt das Vertrauensvotum - schwer beschädigt ist er trotzdem.

Gut zwei Wochen nach der gewonnenen Parlamentswahl hat der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte nur knapp eine Vertrauensabstimmung im Parlament überstanden. Nach einer langen und turbulenten Debatte über umstrittene Äußerungen von Rutte bei den Koalitionsgesprächen lehnte die Mehrheit der Abgeordneten - sie entspricht der bisherigen Regierungsmehrheit - in der Nacht zum Freitag einen Misstrauensantrag der Opposition ab. Rutte kündigte an, im Amt bleiben zu wollen.

Unbeschadet geht der konservative Regierungschef aus der Angelegenheit aber nicht hervor. Eine große Mehrheit der Parteien sprach tiefste Missbilligung für sein Verhalten aus. Fraglich ist damit, ob es dem Ministerpräsidenten noch gelingen wird, eine mehrheitsfähige Koalition zu bilden. Denn auch seine bisherigen Partner distanzierten sich deutlich von ihm. Die linksliberale D66 und die christdemokratische CDA erklärten, eine neue Koalition unter Rutte sei "keine Selbstverständlichkeit". Der Rechtspopulist Geert Wilders, der die Vertrauensfrage gestellt und für seinen Antrag alle Stimmen der Opposition erhalten hatte, sprach vom "Ende der Ära Rutte".

Anlass der Krise sind eine Reihe von Unwahrheiten und Verschleierungen während der ersten Gespräche über die Bildung einer neuen Koalition. Dabei wurde auch über die Zukunft des christdemokratischen Abgeordneten Pieter Omtzigt geredet, eines unbequemen Kritikers des Ministerpräsidenten. Der 54 Jahre alte Regierungschef hatte den Eindruck erweckt, Omtzigt loswerden zu wollen. Aus Gesprächsnotizen wurde deutlich, dass Rutte ihn künftig gern anderswo auf einer neuen Funktion haben wollte. Das hatte der Ministerpräsident aber zuvor geleugnet. Die Opposition bezichtigte ihn deshalb der Lüge.

Nach einer mehr als 13-stündigen Sondersitzung der Zweiten Kammer bat Rutte das Parlament und den Abgeordneten Omtzigt um Verzeihung. "Wo Vertrauen verletzt wurde, werde ich hart daran arbeiten, um das wiederherzustellen", sagte Rutte. Das Votum des Parlaments sei ein "ernsthaftes Signal". Rutte versprach: "Ich werde dafür sorgen, dass ich das Vertrauen zurückgewinne." Er wolle auch erneut versuchen, eine Koalition zu bilden.

Omtzigt gilt als unbequemer Abgeordneter. So hatte er gemeinsam mit anderen eine Affäre um Kinderbeihilfen ans Licht gebracht, die schließlich zum Rücktritt der Regierung im Januar führte. Rutte ist seitdem nur noch geschäftsführend im Amt. Bei der Wahl am 17. März wurde seine Partei VVD erneut stärkste Kraft. Erwartet wurde, dass er gemeinsam mit der CDA und D66 sowie einem vierten Partner eine Koalition bilden wird.

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