Süddeutsche Zeitung

Namenssuche:Selbst-Entdeckung

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Die Cook-Inseln wollen sich umbenennen.

Von Arne Perras

Dreimal umsegelte der Seefahrer James Cook die Welt. Die Handelsrouten des Ostens wollten die Engländer im 18. Jahrhundert keinesfalls den Franzosen überlassen. Doch als Cook im Namen seiner Majestät König George III. in die ferne Südsee aufbrach, war dies vor allem eine geografische Erkundung. Bis zu seinem Tod legte er 200 000 Seemeilen zurück - das ist umgerechnet so weit wie von der Erde bis zum Mond. Als legendärer Entdecker ging Cook in die Geschichtsbücher ein, wobei es mit dem Entdecken natürlich so eine Sache war. Meistens hatten ja schon andere Völker die Inseln des Pazifiks besiedelt, den Europäern freilich galten sie als Wilde.

Eine kleine Inselgruppe, die Cook in den Jahren 1773 bis 1779 mehrfach besuchte, trägt bis heute den Namen des Engländers. Doch das könnte sich nun ändern. Auf den Cook-Inseln, die 16 222 Kilometer von der Themse entfernt liegen und schon lange nicht mehr dem britischen Staatsgebiet angehören, ist eine Initiative angelaufen, den englischen Namenspatron abzuschütteln. Stattdessen soll sich das polynesische Erbe im Namen spiegeln.

Dass sich Insulaner der Südsee von Cook lösen wollen, ist nachvollziehbar. Denn die sogenannten Entdeckungen des berühmten Seefahrers bereiteten den Weg für die spätere koloniale Expansion, bei der die Europäer Menschen unterjochten, die sich ja nicht freiwillig "entdecken" ließen. Das war auf dem amerikanischen Kontinent nicht anders als auf den noch ferneren Inseln des Pazifiks.

Völkerrechtlich sind die Cook-Inseln ein interessantes Gebilde, sie regieren sich als Staat selbst, sind aber in "freier Assoziation" mit Neuseeland verbunden, das die Sicherheit der entlegenen Inseln garantieren soll.

Ein Namenskomitee auf den Cook-Inseln soll nun ausarbeiten, wie der unabhängige Staat künftig heißen könnte. Mit im Rennen ist zum Beispiel "Rangiaroa", was so viel bedeutet wie "Liebe aus dem Himmel". Allerdings dürfte dafür ein Referendum nötig werden, in dem die 17 000 Bewohner über die Umbenennung entscheiden. Die Initiatoren der Bewegung rechnen damit, dass bis dahin noch zwei Jahren vergehen.

Mehr als 60 Vorschläge stehen für den neuen Namen zur Auswahl, und der Vizepremier der einst von den Briten annektierten Insel hat schon signalisiert, dass er mit einem traditionellen Namen glücklich sei. Allerdings ist dies noch keine beschlossene Sache, einen ähnlichen Vorstoß gab es schon mal 1994, damals scheiterte er, weil offenbar nicht alle Gemeinden der zwölf bewohnten Inseln in die Suche einbezogen waren. Gelingt der Plan, so wäre es ein später Abschied von einem jener übergestülpten Namen, die andere ehemalige Kolonialgebiete längst nach ihrer Befreiung abgestoßen haben, etwa in Afrika, wo aus Rhodesien Simbabwe wurde, oder aus Nyasaland Malawi.

Manchmal aber haben Namen aus kolonialen Zeiten eine verblüffende Haltbarkeit. Einige von ihnen erinnern daran, dass nicht nur London und Paris, sondern auch Berlin einmal nach einem Platz an der Sonne suchte. Der Bismarck-Archipel hat überdauert, er liegt im Nordosten Papua-Neuguineas, nicht ganz so weit wie die Cook-Inseln entfernt.

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SZ vom 08.03.2019
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