Süddeutsche Zeitung

Nach Einstellung des Prozesses:Kinderschutzbund will kein Geld von Edathy

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Kinderschutzbund wertet Geldauflage als "fatales Zeichen"

Der Kinderschutzbund Niedersachsen will die vom Landgericht Verden verhängte Geldauflage von Sebastian Edathy nun doch nicht annehmen. Die Entscheidung, das Verfahren gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten für eine Zahlung von 5000 Euro einzustellen, sei ein "fatales Signal", teilte der Verband mit. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass es möglich sei, sich von Vergehen gegen Kinder freikaufen zu können.

Der Verband hat nach eigenen Angaben das Gericht bereits gebeten, einen neuen Empfänger für die Geldauflage zu bestimmen. "Kinder und Jugendliche vor Gewalt zu schützen und ihnen zu helfen, wenn sie Gewalt erfahren haben, ist seit fast 60 Jahren unser Hauptanliegen und Ziel unserer Arbeit", betonte der Vorsitzende des Kinderschutzbundes Niedersachsen, Johannes Schmidt.

Aufgrund persönlicher und der öffentlich an den Verband herangetragenen Resonanz habe der Vorstand "nach reiflicher Überlegung entschieden, diesen moralischen Widerspruch für sich nicht lösen zu können."

"Das ist ganz ungewöhnlich", sagt eine Gerichtssprecherin

Am Montag hatte Schmidt zunächst erklärt, das Geld annehmen zu wollen. Nun erklärte er, dass Spenden und Bußgelder weiterhin eine überaus wichtige Quelle für die Verbandsarbeit seien. Im Unterschied zu anderen Verfahren, die mit einer Verurteilung zu Ende gehen, sei das Geld bei Edathy keine Strafe und könne daher nicht angenommen werden.

"Das ist ganz ungewöhnlich", sagte eine Gerichtssprecherin zu dem Vorgehen des Kinderschutzbundes. Ihr sei kein Fall bekannt, bei dem das Gericht je eine entsprechende Bitte eines Geldempfängers erhalten habe. Das Gericht werde nun zeitnah in Absprache mit der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung einen neuen gemeinnützigen Empfänger der Geldauflage bestimmen. Dabei werde erneut darauf geachtet, dass der Empfänger "sachbezogen" sei.

Entscheidung des Gerichts wird massiv kritisiert

Der Prozess gegen Edathy war am Montag ohne eine Verurteilung zu Ende gegangen. Darauf hatten sich Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht geeinigt, nachdem Edathy zugegeben hatte, die von der Staatsanwaltschaft als kinder- und jugendpornografisch eingestuften Fotos, Videos sowie einen Bildband besessen zu haben. Die Entscheidung des Gerichtes wird seither massiv kritisiert.

Erst wenn Edathy das Geld überwiesen hat, ist der Prozess endgültig beendet. Er hatte noch im Gerichtssaal erklärt, den Betrag umgehend überweisen zu wollen. Nach dem Ende des Prozesses hatte Edathy auf seiner Facebook-Seite und über seinen Anwalt erklärt, bei seiner Einlassung vor Gericht habe es sich nicht um ein Geständnis gehandelt. Zwar habe er den Besitz der in der Anklage formulierten Bilder und Videos zugegeben, nicht aber die Einschätzung geteilt, dass es sich dabei tatsächlich um verbotene Kinderpornos handele.

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