Süddeutsche Zeitung

Nach den Festnahmen in Moskau:Hauptverdächtiger im Fall Nemzow soll zum Geständnis gezwungen worden sein

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Dadajew beteuert Unschuld

Der Hauptverdächtige im Fall des ermordeten Kreml-Kritikers Boris Nemzow ist möglicherweise zu seinem Geständnis gezwungen worden. "Es gibt Grund zu der Annahme, dass Saur Dadajew unter Folter gestanden hat", heißt es in einer Mitteilung von Andrej Babuschkin, Mitglied der Menschenrechtskommission beim Kreml.

Babuschkin hatte den Tschetschenen Dadajew am Dienstag in seiner Gefängniszelle besucht. Er weise "zahlreiche Verletzungen" am Körper auf, teilte Babuschkin mit.

Im Gespräch mit einer russischen Zeitung berichtet Dadajew, dass er in der Untersuchungshaft geschlagen worden sei. Zwei Nächte habe er gefesselt zugebracht, mit einem Sack über dem Kopf. Beim Verhör hätte man ihn immer wieder gefragt, ob er Nemzow getötet hätte. Er habe jedoch verneint. Bis heute beteuert er seine Unschuld.

Dadajew sagte dem Bericht zufolge, er habe nur gestanden habe, damit ein gemeinsam mit ihm verhafteter Bekannter freikomme. Die Ermittler hätten ihm ein entsprechendes Angebot gemacht. Den Grund für sein Geständnis habe er einem Gericht mitteilen wollen. Doch niemand habe ihm die Chance gegeben zu sprechen.

Andrej Babuschkin fordert als Mitglied der Menschenrechtskommission eine unabhängige Überprüfung Im Fall Dadajew.

Islamistischer Hintergrund vermutet

Die russischen Behörden hatten Dadajew und vier weitere Männer am Wochenende festgenommen. Sie werden verdächtigt, in den Mord an Boris Nemzow verwickelt zu sein. Der 55-jährige Oppositionspolitiker war am 27. Februar auf einer Brücke vor den Mauern des Kreml im Zentrum Moskaus erschossen worden. Dadajew hatte eine Beteiligung an der Tat nach Justizangaben gestanden. Er und ein weiterer Tschetschene wurden wegen Mordes angeklagt und ebenso wie die drei anderen Verdächtigen in Untersuchungshaft genommen.

Die Ermittler vermuten, dass sie Nemzow aus religiösen Gründen töteten. Der Oppositionspolitiker hatte das Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo verurteilt. Islamistische Motive hält ein enger Vertrauter Nemzows jedoch für "Nonsens".

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