Süddeutsche Zeitung

Musterklagen:Unionsminister bleiben skeptisch

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CSU-Chef Seehofer ist in Anbetracht der Dieselaffäre einem Musterklagerecht für Verbraucher "nicht abgeneigt". Doch im Bundeskabinett sind die Minister Schäuble und Schmidt wie bisher eher zurückhaltend.

Von Kristinia Ludwig und Robert Roßmann, Berlin

Nachdem CSU-Chef Horst Seehofer überraschend in einem Interview gesagt hatte, dass er in Anbetracht der Diesel-Affäre einem Musterklagerecht für Verbraucher doch "nicht abgeneigt" sei, zeigten sich Unionsminister im Bundeskabinett am Montag eher zurückhaltend. Noch Anfang des Jahres hatten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) einen entsprechenden Gesetzentwurf blockiert. Und auch heute gebe es zu dieser Frage von Schäuble "nichts Neues" zu berichten, sagte ein Sprecher, ebenso wenig wie von Schmidt. Die CDU-Zentrale wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern.

Nur Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ließ am Montag erklären, man sei für Verbraucherklagen "grundsätzlich offen". Auch er war im Zuge des VW-Dieselskandals in die Kritik geraten, ein Klagerecht für betrogene Autofahrer auszubremsen. Am Montag verwies sein Sprecher nun aber auf Dobrindts Kabinettskollegen - und auf deren Bedenken gegen eine Sammelklage.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), dessen Haus für eine Änderung des Klagerechts verantwortlich wäre, nannte den Vorstoß Seehofers "mehr als skurril". Schließlich habe der Gesetzentwurf seit Monaten auf dem Tisch gelegen. Maas hat gerade einen letzten Versuch unternommen, die Sammelklage doch noch Wirklichkeit werden zu lassen. Er hat einen abgespeckten "Diskussionsentwurf" an Fachverbände und Landesjustizminister verschickt. Anders als bisher geplant soll demnach nicht mehr eine Gruppe von zehn Verbrauchern ausreichen, damit ein Verband ihre Interessen gegenüber einem Unternehmen vertreten kann. Maas lässt diese Zahl jetzt offen und schlägt zehn, 50 oder 100 Verbraucher vor. Eine solche höhere Hürde von mindestens 100 Klägern hatte auch Schäuble im Januar gefordert.

Dem neuen Entwurf zufolge könnte die Teilnahme an einer Sammelklage außerdem ein Risiko für Kunden werden. Egal, ob das Urteil positiv oder negativ ausfällt, könnte es dann bindend sein. Um die Diesel-Fahrer vor einer Verjährung ihrer Ansprüche zu schützen, fordert Verbraucherschützer Klaus Müller trotzdem diese Woche einen Kabinettsbeschluss.

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Quelle:
SZ vom 01.08.2017
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