Süddeutsche Zeitung

Musik:Glam-Reduktion 

Tom Neuwirth verabschiedet sich mit seinem neuen Album "Truth Over Magnitude" halbherzig von Conchita, der übergroßen Kunstfigur. Die Platte klingt eher wie ein im Schlafzimmerstudio zusammengeklopftes Vorab-Demo zum eigentlichen Album.

Von Quentin Lichtblau

Tom Neuwirth nennt sich als Künstler jetzt nur noch "Wurst", weil er Abstand zu Conchita braucht, seiner überlebensgroßen, ESC-gewinnenden, Glamour-Kunstfigur. Die trägt er auch direkt in der ersten Nummer auf "Truth Over Magnitude" (Sony) zu Grabe - beziehungsweise zum Müllcontainer: "Trash All The Glam" heißt sie, wie viele der Songs eigentlich recht solide Pop-Elektronik mit verhältnismäßig unverbrauchten, aus auf- und abkletternden Syntie-Patterns arrangierten Melodien, dabei allerdings irritierend roh produziert: Den Beats fehlt es an Druck, Neuwirths Stimme, die eigentlich ziemlich innovativ zwischen eher femininer anmutender Kopf- und tiefer Bauchstimme mit sich selbst duettiert ("Can't Come Back"), wirkt unnötig dünn abgemischt. "Truth Over Magnitude" klingt daher eher wie ein im Schlafzimmerstudio zusammengeklopftes Vorab-Demo zum eigentlichen Album. Das ist zwar andererseits wieder ganz im Sinne der Glam-Reduktion - für die große Befreiung von Conchita reicht es aber nicht ganz, zu unfertig wirkt der Gegenentwurf.

Dieser Text ist zuerst am 25. Oktober 2019 in der SZ erschienen.

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Quelle:
SZ vom 26.10.2019
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