Süddeutsche Zeitung

Mobilfunk:Furcht vor den Chinesen

Lesezeit: 2 min

Die USA warnen Deutschland noch mal eindringlich davor, sich bei 5G mit Konzernen wie Huawei oder ZTE einzulassen. Sie schlagen dagegen Anbieter aus Ländern vor, "mit denen wir die Werte teilen".

Von Paul-Anton Krüger, München

Die Sicherheitskonferenz in München hatte noch nicht begonnen, als die sonst eher verschlossene US-Delegation zu einer Pressekonferenz lud. Hochrangige Mitarbeiter aus dem Weißen Haus, dem Justizministerium und dem Außenministerium wollten die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, noch einmal eindringlich davor zu warnen, dass Deutschland sogenannte hochriskante Anbieter zulässt beim Aufbau des neuen, schnellen 5G-Mobilfunknetzes. Gemeint sind, daraus machten die US-Vertreter keinen Hehl, die chinesischen Telekommunikationskonzerne Huawei und ZTE.

Die Demokratin Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, machte später deutlich, dass es in dieser Frage in Washington einen seltenen Konsens über Parteigrenzen hinweg gibt. Sie warnte davor, aus finanziellen Gründen das 5G-Netz China zu überlassen.

Die USA wollen Alternativen zu Produkten von Huawei bereitstellen

Robert Blair, Berater von US-Präsident Donald Trump und Sondergesandter für die internationalen Telekommunikationsbeziehungen, kündigte eine neue Initiative an, die darauf zielt, Alternativen zu Huawei-Produkten bereitzustellen. Man rede mit den großen IT-Konzernen in den USA, mit den europäischen Firmen Ericsson und Nokia und deren südkoreanischem Wettbewerber Samsung sowie mit "kleineren Unternehmen weltweit" aus Staaten, mit denen man dieselben Werte teile. Die USA wollten erreichen, dass Produkte am Markt erhältlich seien, die "sowohl in Preis als auch Qualität wettbewerbsfähig" seien mit der Huawei-Ausrüstung. Diese Initiative ziele auch bereits auf den nächsten Mobilfunkstandard, also 6G-Netze. Schon heute gebe es aber gute Alternativen zu den Produkten der chinesischen Anbieter. Blair fügte hinzu, die USA hätten derzeit keine konkreten Pläne, bei Ericsson oder Nokia einzusteigen. US-Justizminister William Barr hatte entsprechende Andeutungen gemacht, die Widerspruch etwa in Berlin hervorgerufen hatten.

In Deutschland steht eine Entscheidung noch aus, welche Unternehmen sich am Aufbau des 5G-Netzes beteiligen dürfen. Kanzlerin Angela Merkel lehnt den kompletten Ausschluss chinesischer Anbieter ab. Die Bundestagsfraktion der Union hatte sich am Dienstag der Haltung der Kanzlerin angeschlossen. Die neuen Netze müssten "höchsten Sicherheitsanforderungen genügen und höchste Ansprüche an Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität erfüllen", heißt es in einem Positionspapier, das die Union nach kontroversen Debatten mehrheitlich beschlossen hatte. Die EU empfiehlt ihren Mitgliedern, den Standort eines Anbieters und dessen Verhältnis zur Regierung zu berücksichtigen. Die USA warnen, dass Huawei eng mit dem chinesischen Staat und der kommunistischen Partei verbunden sei. Netzwerke mit Beteiligung des Unternehmens seien nicht sicher. Diese seien mit dem Risiko verbunden, dass China geistiges Eigentum stehle, Daten von Bürgern sammle, die für Geheimdienstzwecke genutzt werden könnten, und Hintertüren einbaue, die es China erlauben würden, im Fall eines Konfliktes politischen Druck auszuüben oder die Netzwerke zu sabotieren. In den USA seien in 80 Prozent aller Fälle von Wirtschaftsspionage chinesische Akteure involviert, sagte John Demers, der im US-Justizministerium für nationale Sicherheit zuständige Spitzenbeamte. Das 5G-Netz soll eine zentrale Rolle für viele Bereiche des Wirtschaftssystems spielen.

Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, hatte die Bundesregierung gewarnt, die USA könnten nicht mehr im gleichen Maße wie bisher Geheimdienstinformationen mit Deutschland teilen, sollte Huawei beim 5G-Ausbau zugelassen werden. Allerdings stellte Blair klar, dass es in der Geheimdienstzusammenarbeit mit Großbritannien keine Abstriche geben werde. Die Regierung von Premier Boris Johnson hatte entschieden, Huawei zuzulassen, allerdings bleibt der chinesische Konzern von der besonders sicherheitsrelevanten Infrastruktur des neuen Mobilfunknetzes ausgeschlossen. Großbritannien genießt als ein Mitglied der Five-Eyes-Geheimdienstallianz privilegierten Zugang zu Informationen der US-Dienste.

Am Donnerstag hatten Staatsanwälte an einem New Yorker Bezirksgericht neue Anklagen erhoben. Sie werfen Huawei vor, in den USA Geschäftsgeheimnisse gestohlen zu haben und Iran bei der Überwachung regierungskritischer Demonstranten geholfen und damit gegen US-Sanktionen verstoßen zu haben. In einem anderen Verfahren ist die Firma wegen Spionage angeklagt.

Huawei hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Regierung in Peking reagierte empört auf die Anklage. Die USA müssten aufhören, Unternehmen aus China zu "unterdrücken", sagte der Sprecher des Außenministeriums. Er warf den USA vor, ihre Macht zu missbrauchen und forderte Belege für ein Fehlverhalten chinesischer Konzerne. Die Politik der USA verletzte eklatant den freien Wettbewerb und Marktzugang.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4798725
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.02.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.