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Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen:CDU stellt Ex-Unirektor Dicke gegen Ramelow auf

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Die Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen hat begonnen. Bodo Ramelow will sich zum ersten linken Ministerpräsidenten in der Bundesrepublik wählen lassen. In den ersten beiden Wahlgängen ist die Sache klar. Danach wird es kompliziert.

"Der Ministerpräsident", so heißt es in der Verfassung des Freistaats Thüringen, "wird vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder ohne Aussprache in geheimer Abstimmung gewählt. Erhält im ersten Wahlgang niemand diese Mehrheit, so findet ein neuer Wahlgang statt. Kommt die Wahl auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält".

Zu diesem dritten Wahlgang könnte es kommen. Linke, SPD und Grüne haben im Landtag mit 46 von 91 Abgeordneten genau eine Stimme Mehrheit, um den Kandidaten der Linkspartei, Bodo Ramelow, zum Landeschef zu machen. Die CDU hat 34 Sitze errungen, die AfD 11. Gemeinsam kommen sie also auf 45 Stimmen.

In den ersten beiden Wahlgängen benötigt Ramelow die absolute Mehrheit. Ein einziger Abweichler würde demnach reichen, um ihn scheitern zu lassen. Und die Vorstellung, ein Linker könnte Ministerpräsident werden, bereitet auch manchen in der SPD und bei den Grünen Bauchschmerzen.

Bislang ist offen, ob es zu einem dritten Wahlgang kommt. Und dann könnte es spannend werden. Die Thüringer CDU hat angekündigt, dass sie einen überparteilichen Kandidaten ins Rennen schicken will: Klaus Dicke, den früheren Rektor der Universität Jena. Dies kündigte der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Erfurter Landtag, Mike Mohring, in der ARD an. Dicke sei ein "überparteiliches Angebot für eine bürgerliche Regierung", sagte Mohring.

Kontroverse um Nein-Stimmen

Bezüglich der Regelung für den dritten Wahlgang gibt es unterschiedliche Interpretationen. So kommt der Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok in einem Gutachten für den Thüringer Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) zu dem Ergebnis, dass die Nein-Stimmen gar nicht zu werten wären. Tritt nur ein einziger Kandidat an, würde ihm also eine einzige Ja-Stimme reichen, egal, wie viele Abgeordneten mit Nein gestimmt hätten.

Ein zweites Gutachten, das der ehemalige Bundestagsdirektor Wolfgang Zeh (SPD) für den Thüringer Landtagspräsidenten Christian Carius (CDU) verfasst hat, vertritt eine andere Auffassung. Demnach müsste auch ein Einzelkandidat mehr Ja-Stimmen erhalten als Nein-Stimmen.

Carius hat deshalb vorgeschlagen, vor einem dritten Wahlgang darüber abzustimmen, was gelten soll.

CDU streitet über Gegenkandidaten und AfD

Der Gegenkandidat der CDU hätte Chancen, mithilfe der AfD sowie von Abweichlern aus den Reihen der Linken, Sozialdemokraten oder Grünen gewählt zu werden. Denn im dritten Wahlgang bräuchte er keine 46 Stimmen, sondern einfach nur mehr Stimmen als Bodo Ramelow. Mit Hilfe des parteilosen Kandidaten Dicke will die CDU offenkundig vermeiden, dass ein eigener Kandidat mit Hilfe der Stimmen der Euro-Kritiker gewählt würde. Die AfD hatte Unterstützung für Mohring signalisiert. Der ist allerdings bislang als klarer Gegner der Partei aufgetreten.

Auch die Bundes-CDU verfolgt die Entwicklungen in Thüringen mit Sorge. Es gibt einen Beschluss der Partei gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD. "Ein Ministerpräsident der CDU darf nie von der AfD abhängen", hatte Generalsekretär Peter Tauber Spiegel online gesagt. "Ein CDU-Kandidat, der dieses Amt nur mit den Stimmen der AfD erreichen kann, sollte diese Wahl nicht annehmen."

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