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Minderjährige Flüchtlinge:Familiennachzug wird weiter beschränkt

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Junge Asylbewerber, die ohne Begleitung ihrer Familie Zuflucht in Deutschland suchen und nur subsidiären Schutz erhalten, sollen ihre Eltern nach dem Willen der Koalition zwei Jahre lang nicht nachholen dürfen.

Von Jan Bielicki, München

Die Koalition will den Familiennachzug auch für minderjährige Flüchtlinge einschränken. Junge Asylbewerber, die ohne Begleitung ihrer Familie Zuflucht in Deutschland suchen und nur subsidiären Schutz erhalten, sollen ihre Eltern zwei Jahre lang nicht nachholen dürfen. "Dies ist durch die steigende Zahl an Minderjährigen, die alleine flüchten oder alleine auf die Flucht geschickt werden, erforderlich geworden", heißt es in der Begründung eines Gesetzentwurfs, mit dem das Bundesinnenministerium die jüngsten Beschlüsse der Koalition zur Verschärfung des Asylrechts umsetzen will. Der Anspruch auf Nachzug schaffe Anreize, "Minderjährige allein auf die Flucht zu schicken", dessen Einschränkung sei daher "auch im Interesse der Minderjährigen", argumentiert das Innenministerium. Tatsächlich haben in den ersten neun Monaten dieses Jahres bereits 7294 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Asyl beantragt, fast doppelt so viele wie im gesamten Vorjahr. 2466 von ihnen waren jünger als 16 Jahre.

Die Spitzen der Koalition hatten sich Anfang November darauf geeinigt, den Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz für zwei Jahre auszusetzen. Bislang trifft diese Regelung nur wenige Menschen: Im laufenden Jahr erhielten bis Ende Oktober 1230 Flüchtlinge den sogenannten subsidiären Schutzstatus, etwa weil ihnen in der Heimat willkürliche Gewalt droht. 2014 bekamen 214 Kinder und Jugendliche diesen Status.

Flüchtlinge aus Syrien gehören derzeit nicht in diese Gruppe. Ein Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), künftig auch Syrer so zu behandeln, hatte heftigen Krach in der Koalition und Widerspruch im Kanzleramt ausgelöst. Auch der jetzige Gesetzentwurf erwähnt ausdrücklich Bürgerkriegsflüchtlinge: Es sei "richtig und wichtig, dass Bürgerkriegsflüchtlinge in den Schutzräumen der Krisenregion mit ihren Familien verbleiben und dort versorgt und betreut werden". Angesichts der "extrem hohen Zuzugszahlen" sei die Dimension des künftigen Familiennachzugs "gesellschaftlich schwer darstellbar", heißt es weiter.

Für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive sieht der Entwurf, wie von der Koalition beschlossen, eigene Aufnahmezentren und eine verschärfte Residenzpflicht vor. Er soll auch Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber erleichtern. So wird demnach eine "nicht lebensbedrohliche Erkrankung" eine Abschiebung nicht mehr verzögern können, dazu gehören laut Begründung ausdrücklich auch psychische Leiden wie die posttraumatische Belastungsstörung.

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Quelle:
SZ vom 19.11.2015
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