Süddeutsche Zeitung

Migration:Wie plant man die Kapazität von Flüchtlingsheimen?

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Von Robert Probst

Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, ist zuletzt stark zurückgegangen - zumal im Vergleich zum Rekordjahr 2015, als knapp eine Million Migranten über das Mittelmeer oder die Balkanroute kamen und zumeist sogleich Asyl beantragten. Vor allem die Erstunterbringung stellte Länder und Kommunen damals vor enorme Herausforderungen, in aller Eile wurden leer stehende Kasernen oder Bürogebäude hergerichtet, Traglufthallen aufgestellt oder neue Wohnheime errichtet. Inzwischen sind viele dieser Einrichtungen wieder zurückgebaut, wie es in der Fachsprache heißt, andere stehen leer. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab nun, dass in Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften etwa 100 000 Plätze nicht belegt sind.

Viele Verantwortliche stehen nun vor der Frage, wie umgehen mit dem Leerstand. Denn auch der kostet Geld. Und das vor dem Hintergrund, dass die Fluchtbewegungen in Afrika und Asien nicht voraussehbar sind. "Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass sich die Situation schlagartig verändert und wieder sehr viel mehr Flüchtlinge den Weg nach Deutschland finden", umreißt Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) die Situation.

Kalkulieren und prognostizieren

Es gibt also keine Planungssicherheit, die Länder werden darum mehrheitlich nicht alle Kapazitäten abbauen - damit man schnell reagieren kann und nicht wie 2015 vor chaotischen Zuständen steht. Berlin will etwa Notunterkünfte bis Ende 2018 schließen oder umbauen. Als eine Alternative sollen bis zu 60 sogenannte modulare Unterkünfte entstehen, die später auch Studenten und Menschen mit weniger Geld offenstehen sollen. Andere nutzen Leerstand für die Abhaltung von Integrationskursen.

Allerdings kommt ein weiteres Problem hinzu. Für die dauerhafte Unterbringung von Asylbewerbern nach Erstaufnahme sind in der Regel die Kommunen zuständig. Und zumindest in den großen Städten ist der Wohnraum knapp oder nicht vorhanden, nicht nur für Flüchtlinge. Die großen Hallen sind für die "Anschlussunterbringung" nicht geeignet - und so heißt es jetzt in den Städten: kalkulieren und prognostizieren.

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Quelle:
SZ vom 05.01.2018
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