Süddeutsche Zeitung

Mieten:Wohnen ist Menschenrecht

Vom Fluch der Privatisierung.

Von Heribert Prantl

Immer mehr Menschen mit wenig Einkommen konkurrieren um immer weniger bezahlbare Wohnungen. Der Bundesgerichtshof hat jetzt ein soziales Fiasko abgewendet: Viele Kommunen hatten, von Geldnot und neoliberalem Zeitgeist getrieben, in den Nullerjahren Hunderttausende Wohnungen an private Investoren verkauft. Privatisierung war das gefährlich falsche Zauberwort. Die Investoren wollten und wollen mehr Geld sehen - und daher die Altmieter loswerden.

Die Justiz hat den Privatisierungswahnsinn nicht abwenden können. Sie konnte aber jetzt die bittersten Folgen verhindern. Sie konnte verhindern, dass Investoren auf dem Rücken von Altmietern (etwa von früheren Bergleuten, die ein lebenslanges Wohnrecht hatten) ihren Reibach machen. Die Richter urteilten: Die Schutzklauseln für die Mieter, Sozialcharta genannt, die Kommunen in die Verkaufsverträge geschrieben haben, gelten; die Mieter können sich unmittelbar auf diese Klauseln berufen und Kündigungen damit abwehren. Gut so. Alles andere wäre ein Verbrechen am Sozialstaat gewesen.

In den vergangenen dreißig Jahren hat sich der Bestand an Sozialwohnungen von gut vier Millionen auf weniger als 1,5 Millionen verringert. Geblieben sind die Menschen, die solche Wohnungen brauchen. Um sie sollten sich nicht nur die Gerichte kümmern.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4210483
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.11.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.