Süddeutsche Zeitung

Medizintechnik:Ergebnis in 20 Minuten

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Bisher dauert es oft mehrere Tage, bis man nach einem Corona-Test Gewissheit hat. Neue Methoden sollen bald deutlich schneller eine Infektion nachweisen können und auch für den Laien anzuwenden sein. Sie haben aber auch ihre Nachteile.

Von Kathrin Zinkant

Ist das Kratzen im Hals schon Corona? War der Kontakt mit dem Kollegen, der jetzt offiziell als infiziert gilt, ansteckend? Um begründete Verdachtsfälle aufzuklären, hilft nur ein Test, und davon gibt es inzwischen mehr als einen. Nachrichten über Heim- und Schnelltests häufen sich. Was aber sind die Unterschiede? Der klassische Labortest, der im Moment Standard ist, weist das Erbgut des neuen Coronavirus mit einer sogenannten Polymerasekettenreaktion (PCR) nach. Die PCR ermöglicht, kleine Mengen Viruserbgut so zu vervielfältigen, dass sie mess- und damit sichtbar werden. Als Probe dient ein Abstrich aus dem Rachen oder Hustensekret. Die Methode ist allerdings komplex, dauert Stunden und ist auf professionelle Laboratorien ausgerichtet. Solche Tests lassen sich daher nicht mal eben neben dem Krankenbett durchführen.

Dafür ist das Verfahren sehr präzise. Wer ein positives Testergebnis bekommt, kann sehr sicher sein, tatsächlich eine Infektion mit Sars-CoV-2 zu haben, und nicht einen anderen Virusinfekt. Man sagt, der Test ist hoch spezifisch. Er ist zudem hochsensitiv, spürt also selbst geringere Mengen Viren auf. Ist die Ansteckung gerade erst erfolgt, oder werden die Proben nicht korrekt gehandhabt, so kann es zwar sein, dass der Test fälschlicherweise negativ ausfällt. Auch deshalb wird Kanzlerin Angela Merkel, die von einem infizierten Arzt behandelt wurde, nun wiederholt getestet. Dennoch bleibt das Verfahren die bislang zuverlässigste Methode - und das Verfahren der Wahl, wenn der Hausarzt bei begründeten Verdachtsfällen einen Test anordnet. Die Kosten von je nach Labor 60 bis 150 Euro trägt dann die Kasse. Man muss aber etwas Geduld aufbringen, denn die Proben müssen meist eingeschickt werden. Mit dem Ergebnis ist nach ein bis mehreren Tagen zu rechnen.

Schnellere Nachweise von Viruserbgut sind mit miniaturisierten, vollautomatischen PCR-Systemen möglich, die direkt in den Krankenhäusern aufgestellt werden. Die Probe kommt in einen vorbereiteten Behälter und muss einfach nur ins Gerät gesteckt werden. Ein erstes solches System ist gerade in den USA zugelassen worden. Die Vorbereitung der Probe dauert nach Angaben des Herstellers Cepheid eine Minute, der Test anschließend 45 Minuten. Das klingt großartig. Aber die Geräte, mit denen der Test durchgeführt wird, sind kostspielig und selten. Selbst in den USA gibt es durchschnittlich nur 100 solcher Plattformen je Bundesstaat.

Noch schneller und fast so einfach wie ein Schwangerschaftstest könnten bald sogenannte Antigentests sein. Auch sie weisen das Virus direkt nach, jedoch nicht das Erbgut des Erregers, sondern Merkmale seiner Eiweißhülle, die im Fachjargon Antigene heißen. Forschern in Taiwan ist es gelungen, sogenannte Antikörper gegen diese Antigene herzustellen. Antikörper werden normalerweise vom Körper als Antwort auf eine Infektion produziert, sie erkennen den Erreger über Jahre mit hoher Sicherheit und sind ein Pfeiler der Immunität nach Infektionen. Man kann ähnlich spezialisierte Antikörper aber auch im Labor machen, an Oberflächen binden und als Test nutzen. Der Test fischt aus der Probe Teile des Virus und spürt so die akute Infektion auf. Das dauert etwa 20 Minuten. Dafür sind sehr kleine Virusmengen oft nicht nachweisbar. Wann die Antigentests verfügbar sein werden, ist noch unklar. Allerdings sollten sie, wenn es so weit ist, preiswert und einfach anzuwenden sein.

Aber auch das Immunsystem von Sars-CoV-2-Infizierten bildet im Laufe der Zeit Antikörper. Sie lassen sich ebenfalls für Tests nutzen. Anders als bei den anderen Verfahren wird bei solchen Antikörpertests nicht das Virus selbst aufgespürt, sondern die Antwort des Immunsystems auf die Begegnung mit dem Erreger. Das Prinzip ist dennoch ähnlich wie das des Antigentests, nur umgekehrt: Ein Teststreifen präsentiert Oberflächenmerkmale des Erregers - und diese fischen dann die Antikörper aus einer Blut- oder Plasmaprobe. Auch diese Methode dauert 20 Minuten und kann wie ein Schwangerschaftstest als kleiner Stick gestaltet werden. Erste Tests dieser Art sind bald erhältlich, etwa vom Berliner Unternehmen Pharmact. Ein Test kostet rund 40 Euro, ausgeliefert wird das Produkt in den kommenden Wochen nur an Apotheken und Fachpersonal.

Das Verfahren hat einen Vor- und einen gewichtigen Nachteil. Der Vorteil ist, dass der Test auch vergangene, womöglich unbemerkte Infektionen nachweist. Das kann weder ein PCR- noch ein Antigenschnelltest. Hier ist der Test auf Antikörper die einzige Option. Wer aber wissen will, ob er jetzt gerade an Covid-19 erkrankt ist oder sich akut bei jemandem mit dem neuen Virus angesteckt hat, der ist mit einer PCR besser beraten. Der Körper kann bis zu zehn Tage nach Beginn der Symptome brauchen, um Antikörper zu bilden. In dieser Zeit ist der Antikörpertest blind für das Virus.

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SZ vom 25.03.2020
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