Süddeutsche Zeitung

Malta:Schikaniert und diffamiert

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Bei einer öffentlichen Anhörung zum Mord an der Journalistin Daphne Garuana Galizia macht deren Sohn der Polizei und der Staatsanwaltschaft schwere Vorwürfe.

Zum Mord an der investigativen Journalistin Daphne Garuana Galizia hat in La Valletta am Freitag eine öffentliche Anhörung begonnen. Sie soll klären, ob und inwieweit Fehlverhalten staatlicher Organe in Malta den Mord an ihr begünstigt haben. Als erste sagten einer der Söhne und der Mann der im Oktober 2017 durch eine Autobombe Getöteten aus. Matthew Garuana Galizia warf Polizei und Staatsanwaltschaft des Inselstaats vor, sie hätten den Mord an seiner Mutter mitverursacht, weil sie den Indizien und Belegen für die von ihr recherchierten kriminellen Vorgänge über Jahre nicht nachgegangen seien.

Er schilderte auch die Recherchen seiner Mutter zu Korruption und Geldwäsche, die bis in Maltas Regierungskreise führten und zu dem nun als Auftraggeber des Mordes verdächtigen Unternehmer Yorgen Fenech. Laut dem Nachrichtenportal Malta today berichtete er weiter, wie seiner Mutter trotz erhaltener Drohungen, einem physischen Angriff und Einschüchterungsakten wie einem Brandanschlag auf das Haus der Familie der Polizeischutz entzogen wurde. Sie stattdessen von Behörden und der Polizei schikaniert worden sei, etwa wegen eines Strafzettels.

Der Witwer Peter Garuana Galizia schilderte laut der Tim es of Malta, wie seine Frau jahrelang wegen ihre Arbeit diffamiert und zugleich mit Dutzenden Klagen überzogen worden sei. Auf die Frage, ob der Tod seiner Frau vermeidbar gewesen wäre, antwortete er: "Aus heutiger Sicht sage ich: ja. Hätte es die Korruption nicht gegeben, würde sie noch leben."

Den Untersuchungsausschuss leitet der frühere Richter Michael Mallia, die Familie Garuana Galizia hatte sich mit der Regierung auf die Besetzung des dreiköpfigen Ausschusses geeinigt. Außerdem wurden einige Ausgangspunkte der Befragungen geändert. So wird nicht mehr vom "Tod" Daphne Garuana Galizias gesprochen, sondern vom "Mord" an ihr. Des Weiteren wurde einbezogen, dass der Staat nicht nur gewusst, sondern auch mit verursacht haben könnte, dass das Leben der Journalistin in Gefahr geriet. Der Ausschuss muss seine Befragungen binnen neun Monaten beenden und seinen Bericht dem Premier und der Staatsanwaltschaft vorlegen und danach innerhalb von acht Tagen auch veröffentlichen. Die Familie der Ermordeten erhält vollständigen Zugang zu dem Bericht und allen Änderungen daran.

Am Donnerstag hatte der als Drahtzieher des tödlichen Anschlags verdächtige Yorgen Fenech vor einem Richter den Ex-Stabschef des maltesischen Premiers belastet. Keith Schembri habe ihm wichtige Informationen über die Ermittlungen in dem Mord- und Korruptionsfall zukommen lassen. Laut Fenech teilte Schembri ihm weiter mit, dass die Polizei das Telefon des Unternehmers abhörte und warnte ihn zwei Monate nach dem Attentat auf die Journalistin, die Polizei bereite Durchsuchungen vor. Schembri und ein Minister traten vergangene Woche zurück, sie waren im Zusammenhang mit einem Kraftwerksprojekt vermutlich von Fenech bestochen worden. Darauf weisen auch aus den Panama Papers bekanntgewordene Geldflüsse hin.

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SZ vom 07.12.2019 / SZ
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