Süddeutsche Zeitung

Mali:Islamisten wollen in Timbuktu Scharia einführen

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Radios sollen keine internationale Musik mehr spielen, für Frauen herrscht eine strikte Kleiderordnung: Eine islamistische Gruppe, die mit den Tuareg-Kämpfern verbündet ist, will Timbuktu unter die Scharia stellen. Die Situation im Norden Malis spitzt sich zu: Hunderte Menschen fliehen täglich aus der Region.

Seit dem vergangenen Wochenende ist Mali zweigeteilt - und die Lage im Norden des Landes, den die Tuareg-Rebellen weitgehend unter ihre Kontrolle gebracht haben, spitzt sich zu: Eine islamistische Gruppe, die gemeinsam mit den Rebellen für die Unabhängigkeit von Nord-Mali kämpft, will in der historischen Stadt Timbuktu die islamische Rechtsprechung Scharia einführen.

Einwohner sagten der Nachrichtenagentur dpa, die Gruppe habe Radiostationen aufgefordert, keine internationale Musik mehr zu spielen. Zudem sollten Frauen keine Hosen, sondern nur noch Röcke und Kleider tragen.

Die Tuareg-Kämpfer haben im Norden Malis die drei großen Städte Kidal, Gao und Timbuktu eingenommen. Die Gruppe "Ansar Dine" kämpft gemeinsam mit den Rebellen der MNLA (Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad) für eine Abspaltung des Nordens.

Sanktionen gegen Militärjunta

Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas hat nun gegen die regierende Militärjunta Sanktionen verhängt - und deren Putsch aufs Schärfste verurteilt. Die Soldaten hatten erst am 22. März Präsident Amadou Toumani Touré mit der Begründung gestürzt, er gehe nicht energisch genug gegen den islamischen Terror im Norden des Landes vor.

Am Montag war ein Ultimatum der 15 Mitgliedsstaaten der Ecowas gegen die Militärjunta verstrichen. Die Ecowas verhängte deshalb Sanktionen gegen die Putschisten: Sie beschloss, ihre Grenzen mit Mali zu schließen, ein Embargo zu verhängen und das malische Konto bei der regionalen Zentralbank einzufrieren. Sie wollen die Junta in der Hauptstadt Bamako dazu bewegen, die Verfassung wiederherzustellen und die Macht an eine demokratisch gewählte Regierung abzugeben.

Die Malier bereiteten sich nach den verhängten Sanktionen auf eine Benzinknappheit vor, an den Tankstellen bildeten sich am Dienstag Warteschlangen. Ein Tankstellenbesitzer sagte, ohne Nachschub aus den Nachbarländern seien seine 15 Zapfsäulen innerhalb weniger Tage leer. "Wir haben kein eigenes Benzin. Es ist alles importiert", sagte Bathily Seye. "Es gibt absolut nichts hier. Wir haben keinerlei Raffinerie... Ich habe keine Vorräte. In zwei Tagen werden meine Zapfsäulen kein Benzin mehr hergeben."

Auch das Stromnetz des Landes dürfte in den kommenden Wochen oder gar nur Tagen zusammenbrechen. Der April ist einer der heißesten Monate des Jahres in Mali und angesichts der niedrigen Wasserstände können die Wasserkraftwerke die Versorgung des Landes mit elektrischer Energie nicht sicherstellen.

Mehr als 200.000 Menschen flüchten vor Gewalt in Mali

Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen warnte angesichts der Zunahme bewaffneter Gruppen im Norden Malis, dass die Lage in der Region immer gefährlicher werden. Angaben des UNHCR zufolge sind 200.000 Menschen wegen der Unruhen in dem Land auf der Flucht. Etwa 107.000 davon seien Vertriebene im eigenen Land, der Rest sei in die Nachbarländer Mauretanien, Niger, Burkina Faso und Algerien geflüchtet, teilte das UNHCR mit.

Die UN-Welthungerhilfe warnte vor einer Nahrungsmittelknappheit. Die Unesco rief die Konfliktparteien auf, historische Stätten, insbesondere die Stadt Timbuktu, zu verschonen.

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