Loki Schmidt wird 90: Die Frau, die Schmidt zum Menschen macht

"Es waren harte Jahre", sagt Loki Schmidt über die Jahre als Kanzlergattin. Doch sie verlor nie den Humor. Die Botanikerin wird heute 90 Jahre alt.

Es ist beruhigend, dass es in all dem Trubel um die Jubiläen des Ehepaares Schmidt noch etwas gibt, was als "zu persönlich" vor der öffentlichen Besichtigung geschützt sein könnte. Die Schmidts sammeln solche Jubiläen wie Rekorde, sie kennen sich seit mehr als 80 Jahren, seit über 70 sind sie zusammen, seit 66 Jahren schon verheiratet. Und nun sind sie beide 90 Jahre alt, Helmut Schmidt seit 23. Dezember 2008, Loki Schmidt seit diesem Dienstag.

Die Öffentlichkeit begleitet alle Jubelfeiern, als würde das einzige wahrheitszertifizierte Archiv der deutschen Geschichte jeden Moment schließen. Atemlos, jedes Wort notierend, jeden Blick abschätzend, jede Geste wiegend. Wie sie sich noch lieben, wie sie sich wortlos verstehen, wie würdevoll sie altern, wie aufrecht sie sich ihrer Erinnerung stellen, der schlimmen auch.

Ein paar Geheimnisse sollen doch bleiben dürfen. Neulich, es war wieder einmal im Fernsehen, es war eine von diesen Schmidt-Dokus, ja, es war Giovanni di Lorenzo, der bat, eine Zeile aus einem Gedicht vorlesen zu dürfen. Dieses Gedicht hat Helmut Schmidt für seine Frau Loki geschrieben, wann auch immer, in seinem Tagebuch.

Ob er denn zitieren dürfe, fragte di Lorenzo. Nein, sagte Loki Schmidt, sehr bestimmt: Nein! Das sei nun doch zu persönlich.

About Schmidt - was wäre noch offen, welche Biographie noch nicht geschrieben, welches Interview nicht längst geführt worden? Und doch würde niemand jemals behaupten, dass er Helmut, dass er gar Loki Schmidts überdrüssig würde.

Der Altkanzler alleine wäre ebenso ein weiser Mann, ein Zeitzeuge, ein Geschichtsschreiber, der Lotse durch die große Flut, den Deutschen Herbst. Aber erst durch Loki wird aus dem kühlen Lenker der Geschicke der Mensch, der Mann. Sie ist der Anker, der das Kanzlerschiff im Hafen hält. Gemeinsam sind sie wie ein Papageienpaar, dessen Treue der gemeine Mensch beschämt gegenüber steht.

Es wirkt wie eine Ironie des Schicksals, dass auf Helmut und Hannelore (Loki) Schmidt ein anderer Helmut und eine andere Hannelore als Kanzlerpaar folgten. Die Kohls wurden selten als "die Kohls" wahrgenommen, und das Leben und Sterben der Hannelore Kohl zeigt, welch Last das Leben an der Seite eines Mächtigen sein kann.

Auch Loki Schmidt sagt, "es waren harte Jahre", aber der Last hat sie sich zu entziehen gewusst, indem sie ihr eigenes Leben lebte, indem sie eine eigene Lebensleistung erbrachte, eine mit vielen Ehrungen und Titeln hochdekorierte. Vor kurzem ernannte die Freie und Hansestadt Hamburg sie zur Ehrenbürgerin, eine wirkliche Würde in dieser stolzen Stadt.

Sie ist eine Naturschützerin und Botanikerin von internationalem Ruf, unternahm Forschungsreisen in die ganze Welt, und falls sie doch zu Hause war, wenn Spaniens Königspaar zu Besuch in den Langenhagener Bungalow kam, servierte sie Seiner Majestät selbstgemachte Schnittchen.

Loki Schmidt ist das, was man eine patente Frau nennen könnte. Sie hat allen wichtigen Menschen dieser Welt ihre Stadt gezeigt, "immer mit großer Freude und Stolz", wie sie sagt, als kämen Freunde zu Besuch. Mit ihrem Mann spielte sie nach dem Regieren Schach zur Entspannung, mit dem Kaiser von Japan unterhielt sich sich übers Fischen, und sogar Franz Josef Strauß bekam in ihrer Küche etwas zu essen.

Weil es Loki gibt, tritt in all den Rückblicken rund um Helmut Schmidts 90.Geburtstag stets als Mensch auf. Helmut Schmidt alleine respektieren und achten die Menschen - Loki & Helmut aber können sie lieben.

Ist ja auch nicht schwer, eine Frau zu mögen, die solche Geschichten erzählen kann. Zur musikalischen Untermalung der Feier ihrer Ehrenbürgerwürde wünschte sich Loki Schmidt neulich im Rathaus die Hamburg-Hymne Hammonia. Im Text heißt es dort: "Heil über Dir/Heil über Dir Hammonia!" Aus Spaß, erzählte Loki Schmidt, hätten sie das früher auch schon mal umgedichtet und stattdessen gesungen: "Heil über Dir/Knackwurst in Papier!"