Süddeutsche Zeitung

Nach wochenlangen Protesten:Libanesischer Premier al-Hariri kündigt Rücktritt an

Im Zuge der anhaltenden Proteste im Libanon gegen Korruption und Misswirtschaft hat Ministerpräsident Saad al-Hariri seinen Rücktritt angekündigt. Er habe eine Sackgasse erreicht, sagte er. Er werde ein entsprechendes Gesuch bei Präsident Michel Aoun einreichen, sagte al-Hariri bei einer Pressekonferenz. Er rief alle Libanesen auf, den Frieden zu wahren und einen weiteren Abschwung der Wirtschaft zu verhindern.

Seit Tagen kommt es in dem kleinen Mittelmeerland zu Massenprotesten gegen die Regierung. Auslöser waren angekündigte Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen der Regierung, wie etwa die Einführung einer neuen Gebühr auf Anrufe über Internetdienste wie WhatsApp. Der Libanon hat eine der höchsten Staatsschuldenquoten weltweit.

Das öffentliche Leben ist seit dem 17. Oktober durch landesweite Proteste weitgehend zum Stillstand gekommen. Am Dienstag blieben Banken und Schulen am zehnten Tag in Folge geschlossen. Auf dem zentralen Versammlungsplatz der Protestierenden in Beirut reagierten diese mit Jubel auf Hariris Ankündigung.

Das Protesthauptlager in der Hauptstadt war vor Hariris Ankündigung von hunderten Unterstützern der islamistischen Hisbollah angegriffen und zerstört worden. Die Regierung wird von Fraktionen dominiert, die mit der Hisbollah verbündet sind. Viele Angreifer schwenkten Schlagstöcke, als sie Protestierende verjagten, ihre Zelte anzündeten und Plastikstühle zertrümmerten.

Die Hisbollah-Unterstützer vertrieben erst Protestteilnehmer von wichtigen Straßen, wobei es zu Rangeleien kam. Dann griffen sie das Hauptlager, wo die Protestierenden seit fast zwei Wochen campen. Angreifer riefen "Gott, Nasrallah und das ganze Dahije", womit sie sich auf den Hisbollah-Anführer Scheich Hassan Nasrallah und die Hisbollah-Hochburg im Süden der Hauptstadt bezogen.

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