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Griechenland:Papandreou ruft zur Einheit auf - Opposition schert aus

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Die Vertrauensfrage hat er überstanden, nun macht sich Griechenlands Premier Papandreou an die nächste schwierige Aufgabe: In Athen bereitet er die Bildung einer nationalen Einheitsregierung vor. Doch Oppositionsführer Samaras torpediert die Verhandlungen. Seine Blockadehaltung nervt inzwischen auch Europas Konservative.

Sechs Stunden dauerte die dramatische Debatte in Griechenlands Parlament: In der Nacht zum Samstag sprachen die Parlamentarier Premier Giorgos Papandreou dann doch noch das Vertrauen aus, 153 der 298 anwesenden Abgeordneten stimmten für den sozialistischen Regierungschef. Damit stärkten ihm sogar mehr Abgeordnete den Rücken, als seine Fraktion Mitglieder zählt.

Aus Athen will Papandreou nun ein klares Signal an die Staats- und Regierungschef der Euroländer senden und kündigt die baldige Aufnahme von Koalitionsverhandlungen an. In einem Gespräch mit dem griechischen Präsidenten Karolos Papoulias mahnte er politischen Konsens an, um Griechenlands Mitgliedschaft in der Eurozone zu sichern.

Der griechische Ministerpräsident will eine Regierung der nationalen Einheit bilden, um den Bankrott des Landes abzuwenden. Er kündigte Gespräche mit allen Parteien des Landes an. Aus Regierungskreisen hieß es, dass die Hintergrundgespräche von Finanzminister Evangelos Venizelos geführt würden. Dieser solle auch Chef der neuen Regierungskoalition werden.

"Mein Ziel ist es, umgehend eine Regierung der Zusammenarbeit zu bilden", sagte Papandreou zu Papoulias, bevor sich beide zu Beratungen zurückzogen. "Fehlender Konsens würde die Bedenken unserer europäischen Partner hinsichtlich der Mitgliedschaft unseres Landes in der Eurozone schüren."

Doch von Konsens keine Spur: Der griechische Oppositionsführer Antonis Samaras lehnt die Bildung einer Übergangsregierung gemeinsam mit den Sozialisten ab. Zudem bekräftigte er seine Forderung nach einem Rücktritt von Papandreou und nach schnellen Neuwahlen.

"Herr Papandreou will keine Kooperation. Er soll zurücktreten. Er ist gefährlich für das Land", erklärte der Vorsitzende der Oppositionspartei Nea Dimokratia im griechischen Staatsfernsehen (NET). Papandreou wolle das Parlament "reinlegen" und weiter allein regieren. "Unser Vorschlag bleibt auf dem Tisch", so Samaras weiter.

Er schlägt die Bildung einer Übergangsregierung für wenige Wochen und Neuwahlen vor. Samaras sagte, seine Partei sei lediglich bereit, die Gesetze über das neue Hilfspaket zu billigen. Weiteren Sparmaßnahmen werde er nicht zustimmen. "Ich werde mich bemühen, damit die Unruhe im Ausland sich legt. Die Reformen akzeptieren wir", sagte Samaras. Der ND-Vorsitzende werde am Sonntag Präsident Papoulias treffen, teilte das Präsidialamt mit.

Kritik von Europas Konservativen

Die Blockadehaltung von Samaras nervt zunehmends auch die Schwesterparteien der ND auf europäischer Ebene: Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok nannte Samaras' Haltung "unverantwortlich" und rief ihn auf, eine Übergangsregierung in Athen zu stützen. Dies sei die Einschätzung der übergroßen Mehrheit in der EVP, dem Zusammenschluss konservativer Parteien in Europa, dem auch die griechische Nea Dimokratia (ND) angehört.

Brok forderte Samaras auf, das vereinbarte Sparpaket in Griechenland komplett mitzutragen. "Es gibt nichts mehr zu verhandeln", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Dies ist nicht der Zeitpunkt für einen parteipolitischen Stellungskrieg." Samaras müsse bis Montag seine Unterstützung für eine Übergangsregierung oder ein Expertenkabinett erklären. "Die ND muss volle Verantwortung übernehmen."

Noch deutlicher sollen Kreisen zufolge Anrufe gewesen sein, die in der Zentrale der Nea Dimokratia am Samstag eingegangen seien, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Darunter sei auch ein Anruf aus Berlin gewesen.

Selbst die ultrakonservative Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung LAOS-Partei warnt die ND: "Ich rufe Herrn Samaras auf, seine Haltung zu überdenken", sagte Parteichef Giorgos Karatzaferis dem TV-Sender NET.

Klar ist: Ohne die schnelle Bildung einer Regierung wird sich die Lage in Griechenland dramatisch verschärfen. Das Land bekommt keine Hilfsgelder mehr und steht vor dem Bankrott - mit unabsehbaren Folgen für den Rest der Euro-Zone. "Bis Mitte Dezember können wir den Laden Griechenland zumachen", warnte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums in Athens.

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