Süddeutsche Zeitung

Kramp-Karrenbauer:Einmal zu oft gestolpert

Als potenzielle nächste Kanzlerin kam sie einst nach Berlin, doch dort begann schon bald der Abstieg. Annegret Kramp-Karrenbauers bundespolitische Karriere in Bildern.

Von Dominik Fürst

Die Phase, in der es für Annegret Kramp-Karrenbauer karrieremäßig nur nach oben zu gehen schien, begann im März 2017. Als saarländische Ministerpräsidentin gewann sie unter schlechten Vorzeichen die wohl wichtigste Landtagswahl des Jahres und leitete damit das Ende des Höhenflugs von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ein. Angela Merkel zeigte sich erkenntlich und holte Kramp-Karrenbauer ein Jahr später nach Berlin: Im Februar 2018 wählte der CDU-Parteitag sie mit 98,87 Prozent ins Amt der Generalsekretärin.

Merkel hatte sich ihre Favoritin als potenzielle Nachfolgerin nach Berlin geholt. Bald kündigte die Kanzlerin ihren Verzicht auf den CDU-Vorsitz an, und Kramp-Karrenbauer begab sich in den offenen Wettbewerb mit Jens Spahn und Friedrich Merz. Auf acht Regionalkonferenzen präsentierte sie sich sachlich und ruhig, inhaltlich trat sie jedoch härter auf als ihre Konkurrenten. Straffällig gewordene Asylbewerber dürften "nie wieder europäischen Boden betreten", sagte sie etwa in einem Interview.

Im Dezember 2018 wählte der CDU-Bundesparteitag in Hamburg nach 18 Merkel-Jahren Kramp-Karrenbauer zur neuen Vorsitzenden. Es sollte der Beginn einer Ära sein, wobei die neue Chefin den Stil ihrer Vorgängerin beibehielt: "Bei Führung kommt es mehr auf die innere Stärke als auf die äußere Lautstärke an", sagte sie.

Doch im Amt folgte bald der erste Patzer. Auf einer Karnevalsveranstaltung machte Kramp-Karrenbauer sich als Büttenrednerin über Intersexuelle lustig. Es folgte heftige Kritik, mit der die CDU-Vorsitzende nicht richtig umzugehen wusste. Als dann auch noch ein Video des Youtubers Rezo mit dem Titel "Die Zerstörung der CDU" zum millionenfachen Hit wurde, schlingerte AKK noch weiter in ihr persönliches PR-Debakel: Sie blaffte zurück, anstatt sich mit der Kritik der jungen Generation auseinanderzusetzen.

Die neue Parteichefin wirkte früh geschwächt, während Angela Merkel gefestigter im Kanzleramt saß als zuvor. Als ein Platz im Verteidigungsministerium frei wurde, weil Ursula von der Leyen als EU-Kommissionschefin nach Brüssel wechselte, warf die CDU-Vorsitzende ihr Versprechen über den Haufen, sich ganz auf die Partei konzentrieren zu wollen, und übernahm das Ministerium. Es war auch der Versuch, ihre Autorität in der Partei zu festigen.

Die neue Doppelrolle half ihr nicht. Mit ihrem Vorstoß, eine internationale Schutzmission ins syrische Kriegsgebiet zu entsenden, überrumpelte Kramp-Karrenbauer den Koalitionspartner von der SPD, bevor die Idee wieder verpuffte. Währenddessen wagten ihre Gegner in der CDU, unter anderem Friedrich Merz, immer offenere Kritik. Im Oktober 2019 hielt sie mit Blick auf die Führungsfrage in der Partei noch entgegen: "Wer immer meint, die Frage müsse jetzt in diesem Herbst entschieden werden, der hat auf dem Bundesparteitag die Gelegenheit dazu."

Den Bundesparteitag überstand sie noch, dann kam die Landtagswahl in Thüringen. Kramp-Karrenbauer war schnell darin, CDU-Landeschef Mike Mohring jegliche Zusammenarbeit mit der Linken zu verbieten. Als dann Anfang Februar 2020 ein FDP-Politiker mit Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, war das auch ihrer Führungsschwäche geschuldet: Kramp-Karrenbauer hatte sich mit ihrem Nein zu jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD in Thüringen nicht durchsetzen können. Daraus zog sie nun die Konsequenzen und kündigte ihren Rückzug als Parteichefin an. Es war der eine Fehltritt zu viel, und er beendet den einst steilen Aufstieg Annegret Kramp-Karrenbauers.

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