Süddeutsche Zeitung

Kopten in Deutschland:Weihnachten unter Polizeischutz

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Nach dem Anschlag in Ägypten müssen die Kopten Weihnachten unter Polizeischutz feiern. Die Solidarität in Deutschland ist groß.

Zum orthodoxen Weihnachtsfest haben sich Christen und Muslime in Deutschland demonstrativ an die Seite der Kopten gestellt. Zu den abendlichen Weihnachtsgottesdiensten hatten sich nicht nur Politiker, sondern auch Vertreter der großen Kirchen angesagt.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine Woche nach dem Terroranschlag in Ägypten Schutz für Christen in aller Welt. Bundespräsident Christian Wulff betonte, Religionsfreiheit sei ein Menschenrecht. Papst Benedikt XVI. sprach den bedrängten Ostkirchen Mut zu.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen feierten die Kopten auch in Ägypten das Weihnachtsfest (6./7. Januar). Rund um die Kirchen des Landes kontrollierten Polizisten Ausweise. In der Hafenstadt Alexandria waren in der Neujahrsnacht bei einem Anschlag vor einer koptischen Kirche 23 Menschen getötet worden. Ein muslimischer Fanatiker hatte im Vorjahr am Weihnachtsabend in der Provinzstadt Naga Hammadi sechs Christen erschossen.

Im oberägyptischen Minia herrschte am Donnerstag Aufregung, als in einer Kirche unter einem Treppenabsatz eine verdächtige Kiste gefunden wurde. Später hieß es aus dem Innenministerium, es habe sich um eine Blechdose mit Nägeln, Muttern und einem Silvesterkracher gehandelt. Unklar war, ob sich jemand einen bösen Scherz erlaubt hatte. Denn auch die Bombe von Alexandria war mit Nägeln und Muttern gefüllt gewesen, damit durch herumfliegende Metallteile möglichst viele Menschen zu Schaden kommen sollten.

In Ägypten legten am Donnerstag viele Kopten zum Gedenken an die Terroropfer schwarze Trauerkleidung an. Aus dem Innenministerium in Kairo hieß es, man sei nicht nur auf die Abwehr von Attentaten vorbereitet, sondern auch auf mögliche Zusammenstöße zwischen Christen und der Polizei. Am zentralen Gottesdienst in der Markus- Kathedrale in Kairo, den Papst Schenuda III. leitete, nahmen mehrere Regierungsbeamte teil. Vor der Kirche postierten sich Dutzende von Muslimen, um ihre Solidarität mit den Kopten zu bekunden.

Papst Benedikt XVI. sprach den Ostkirchen, zu denen auch die ägyptischen Kopten zählen, Mut zu. "Die in Jesus erschienene Güte Gottes möge den auf die Probe gestellten Gemeinden beistehen", sagte das katholische Kirchenoberhaupt nach der Dreikönigsmesse in Rom. Auch Merkel mahnte den Schutz christlicher Minderheiten an. "Glaubens- und Religionsfreiheit sind ein essenzieller Wert, ein Kernwert der deutschen Außenpolitik", sagte die CDU-Vorsitzende der Passauer Neuen Presse. Es sei "keine kulturelle, westliche, europäische, christliche Anmaßung, dass wir unsere Werte und Freiheitsrechte für universal gültig halten". Wulff erinnerte in Berlin daran, dass viele Christen in der Welt verfolgt seien. "Heute denke ich vor allem an die koptischen Brüder und Schwestern."

Neben christlichen Kirchenführern besuchte auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, in Düsseldorf einen Weihnachtsgottesdienst der Kopten. "Wir wollen als Muslime in Deutschland ein deutliches Zeichen setzen, dass keine Verbrecher auf der Welt mit ihren schändlichen und gotteslästerlichen Taten einen Keil zwischen Christen und Muslime treiben können", sagte Mazyek noch vor dem Gottesdienst in Düsseldorf, zu dem auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD), Nikolaus Schneider, erschien.

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