Süddeutsche Zeitung

Kongo:Wahlmanöver gebilligt

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Verfassungsrichter erklären das offenbar manipulierte Ergebnis der Wahl für gültig. Dem Land drohen nun neue und gewaltsame Auseinandersetzungen.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Trotz zahlreicher Hinweise auf Betrug hat das Verfassungsgericht der Demokratischen Republik Kongo am frühen Sonntagmorgen das Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 30. Dezember für gültig und damit Félix Tshisekedi zum neuen Präsidenten erklärt. Er soll nun am 22. Januar vereidigt werden. In der Hauptstadt Kinshasa feierten seine Anhänger in den frühen Morgenstunden das Urteil. Die Opposition rief zu Protesten auf: "Das Verfassungsgericht hat gerade bewiesen, dass es einem diktatorischen Regime dient. Es hat falsche Resultate für richtig erklärt und einen Staatsstreich ermöglicht", sagte Martin Fayulu, der die Klage eingereicht hatte und nach unabhängigen Berechnungen der eigentliche Sieger der Präsidentschaftswahl ist.

Tshisekedi hatte nach Angaben der Wahlkommission 38,6 Prozent der Stimmen bekommen, in den Tagen nach Bekanntgabe des Ergebnisses waren aber immer mehr glaubhafte Belege veröffentlicht worden, die beweisen, dass die Wahlen gefälscht wurden. Am Freitag hatte sogar die sonst eher unkritische Afrikanische Union (AU) Zweifel am Ergebnis angemeldet und für Montag Ruandas Präsidenten Paul Kagame zu Verhandlungen nach Kinshasa entsandt. Aus Sicht des offiziellen Wahlsiegers Tshisekedi gibt es aber nichts zu verhandeln. Der 55-Jährige ist für viele Kongolesen eher ein Unbekannter, er ist der Sohn von Étienne Tshisekedi, der die Opposition im Kongo über Jahrzehnte prägte. Dem Sohn werfen die Kritiker nun vor, einen Pakt mit dem Regime des noch amtierenden Präsidenten Joseph Kabila eingegangen zu sein. Der durfte laut Verfassung nicht mehr zu einer dritten Amtszeit antreten und schickte einen Strohmann ins Rennen, der aber bei der Wahl so schlecht abschnitt, dass selbst Manipulationen ihn nicht mehr zum Sieger machen konnten. "Das war der Zeitpunkt für Plan B: Präsident Felix", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters eine Regierungsquelle in Kinshasa. Der SZ vorliegende Datensätze aus der Wahlbehörde und unabhängige Auszählungen der katholischen Kirche sehen Martin Fayulu als klaren Wahlsieger, der knapp 60 Prozent der Stimmen erreicht, Tshisekedi erhält demnach nicht einmal 20 Prozent. Das Regime Kabila drehte das Ergebnis aber einfach um, mit einem Präsidenten Tshisekedi kann sie offenbar besser leben als mit dem eigentlichen Wahlsieger Fayulu, der angekündigt hatte, Korruption und Straftaten von Kabila verfolgen zu wollen. Zudem sicherte sich die Koalition von Kabila 70 Prozent der Parlamentssitze.

Auch diesen Betrug ignorierte das Gericht, dessen Richter von Kabila selbst berufen wurden. Es berücksichtigte auch nicht, dass in einigen Landesteilen des Kongo wegen Unruhen sowie einer Ebola-Epidemie erst im März gewählt werden kann, dort wären noch einmal 1,2 Millionen Stimmen zu vergeben gewesen - der offizielle Vorsprung von Tshisekedi liegt nur bei 700 000 Stimmen. Nach kongolesischen Medienberichten will Joseph Kabila auch nach der Amtsübergabe im Präsidentenpalast wohnen, sein Nachfolger soll sich mit der Residenz des Premierministers begnügen. Der unterlegene Fayulu rief seine Anhänger dazu auf, gegen die Entscheidung des Gerichtes zu protestieren. Dem Kongo stehen nun womöglich weitere gewaltsame Auseinandersetzungen bevor. Allein in der vergangenen Woche sind nach Angaben der UN bei Auseinandersetzungen zwischen Opposition und Regierung 34 Menschen ums Leben gekommen.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2019
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