Süddeutsche Zeitung

Koaltionsgespräche:Die FDP, die Grünen und das liebe Geld

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Von Cerstin Gammelin, Berlin

Unmittelbar vor Beginn der fachlichen Sondierungsgespräche für ein Jamaika-Regierungsbündnis zeichnen sich klare Konflikte ab. Grünen-Chefin Simone Peter sagte der Süddeutschen Zeitung, dass auch ihre Partei um den Posten des Bundesfinanzministers kämpfen werde. Die Liberalen sollten "nicht davon ausgehen, dass das Bundesfinanzministerium für sie gesetzt ist". Allen Parteien sei bekannt, wie wichtig das Ministerium sei. Deshalb müsste zuerst ausgelotet werden, ob ein Jamaika-Bündnis überhaupt eine gemeinsame inhaltliche Basis habe. "Ganz am Ende werden dann die Posten verteilt."

Damit sind die Grünen nach der CDU und der FDP die dritte Partei in dem möglichen Viererbündnis, die Anspruch auf die Nachfolge von Wolfgang Schäuble anmeldet. Nach dem Ausscheiden des bisherigen Bundesfinanzministers, der an diesem Dienstag zum Bundestagspräsidenten gewählt werden soll, hatte zunächst CDU-Fraktionschef Volker Kauder mitgeteilt, seine Partei würde das Ministerium gerne weiter besetzen. Dies lehnt FDP-Chef Christian Lindner kategorisch ab. Er fordert das Amt für die Liberalen oder eine andere kleine Partei. Die CSU hat bisher noch keine Ambitionen erkennen lassen. Das Bundesfinanzministerium gilt wegen seiner Entscheidungskompetenzen im Bundeshaushalt und beim Euro als wichtigstes Ressort nach dem Kanzleramt.

An diesem Dienstag sprechen die Sondierungsgruppen erstmals ausführlich über Steuern, Finanzen und Haushalt. Neben dem Kampf ums Finanzministerium zeichnet sich Streit bei den geplanten Steuersenkungen ab. Die Grünen wollen das verfügbare Geld im Bundeshaushalt lieber investieren, als "mit der Gießkanne" Steuern zu senken. Davon würden vor allem Besserverdienende profitieren, sagte Peter. Sie fordert stattdessen "gezielte Entlastungen" sowie "vor allem Investitionen in Gebäudesanierung, Schulen und Kitas, Verkehrswege, aber auch soziale Sicherung, um Deutschland fit für die Zukunft zu machen".

Grünen-Fraktionschef Cem Özdemir stellte zudem die von der FDP geforderte vollständige Abschaffung des Soli-Zuschlages ab 2020 infrage. Es mache einen großen Unterschied, ob man das auf einen Schlag oder schrittweise mache und wen man einschließe. Özdemir sagte, die Grünen "werden viele Fragen haben".

FDP-Chef Lindner will die Sondersteuer, die vor allem mit der Finanzierung der neuen Bundesländer begründet wurde, sofort streichen. Ob er sich damit durchsetzen wird, ist offen. Auch die CDU ist für eine schrittweise Abschaffung des Soli-Zuschlages. Der scheidende Bundesfinanzminister hatte eine Übergangsfrist von zehn Jahren vorgeschlagen.

Strittig ist auch der von FDP und Grünen geforderte Verkauf von Bundesbeteiligungen an Telekom und Post. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn warnte in der großen Sondierungsrunde mit allen Parteien davor, trotz der ausgezeichneten Haushaltslage jetzt das staatliche Tafelsilber verkaufen zu wollen. Die Privatisierung von Staatsbetrieben bringe keinen finanziellen Vorteil, sagte Spahn nach Angaben von Teilnehmern.

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Quelle:
SZ vom 24.10.2017
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