Süddeutsche Zeitung

Klimapolitik der Regierung Bush:Kühles Verhältnis

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Auch wenn die Ignoranz der USA gegenüber dem Klimawandel mittlerweile nachlässt: Ihre Haltung zu internationalen Klimaschutz-Vereinbarungen wird die Regierung Bush kaum ändern.

Reymer Klüver

Diese amerikanische Regierung besitzt eine erstaunliche Fähigkeit, sich immer wieder vom Rest der Welt zu isolieren. Im Irak stehen die USA inzwischen praktisch alleine da. Die systematischen Exzesse im Kampf gegen die islamistischen Terrorbanden haben die Vereinigten Staaten global in Misskredit gebracht. Und nun ist George W. Bush offenbar gerade dabei, den alten Fehler an anderer Stelle zu wiederholen: In der Frage des Klimaschutzes steht Amerika gegen alle anderen Industrienationen.

Bei der Vorbereitung des G-8-Gipfels in Heiligendamm haben die Emissäre des Präsidenten jede Verpflichtung auf verbindliche Ziele beim Klimaschutz bisher verweigert. Und nichts deutet darauf hin, dass sich daran noch etwas ändert.

Bricht also eine neue Konfliktlinie auf zwischen den alten Verbündeten, die den gerade mühsam zugeschütteten transatlantischen Graben nun erneut vertiefen wird? Zeigt sich an der Klimafrage gar eine grundsätzliche Fremdheit zwischen Europa und Amerika?

Bush geht es um Energiesicherheit

Richtig neu ist dieser Streit nicht. Die Bush-Administration inszenierte zu Beginn des Jahrtausends den Ausstieg aus den Klimaschutzvereinbarungen von Kyoto. Damals geschah das mit breiter, parteiübergreifender Unterstützung im Kongress. Es sprach daraus überhebliche Ignoranz und der tief verwurzelte Unwille der Amerikaner, sich von anderen etwas vorschreiben zu lassen. Diesen Unwillen gibt es noch immer, die Ignoranz dagegen ist nicht mehr ganz so groß.

Bush leugnet den Klimawandel mittlerweile nicht mehr. Das ist in der Tat ein Fortschritt. Aber das ändert wenig daran, dass für diese Administration die Festschreibung verbindlicher Klimaschutzziele oder die Einführung eines Emissionshandelssystems letztlich ökosozialistischen Nonsens darstellen. Die Bush-Regierung setzt vielmehr auf Wandel durch Technologie.

Dahinter stehen allerdings weniger Überlegungen zum Klimaschutz. Es geht dieser Administration um Energiesicherheit. Wie kann die 60-prozentige Abhängigkeit des Landes von Ölimporten gesenkt werden? Einfache Antwort: durch heimische Energiequellen.

Welche gibt es da? Auch darauf gibt es relativ simple Antworten: die nachwachsenden Rohstoffe auf den weiten Maisfeldern des Mittleren Westens, die gewaltigen Kohle- und Ölschiefervorkommen in den Bergen und die Nuklearenergie.

Das sind exakt die sogenannten Zukunftstechnologien, die diese US-Regierung hauptsächlich fördern will: Ethanol und Biodiesel, Kohlefiltertechniken und neue Atomkraftwerke. Wenn es in Heiligendamm in letzter Minute doch noch zu irgendeiner Vereinbarung kommen sollte, muss den Europäern dies klar sein: Die eigene Energiesicherheit steht bei den Amerikanern im Vordergrund - und nicht das globale Klima.

Deshalb müsste geprüft werden, was eine Klimaschutzvereinbarung mit dieser US-Regierung tatsächlich bringt. Im Zweifel wäre keine Vereinbarung besser als eine schlechte, weil die Bush-Administration ohnehin dem Klimaschutz keine Priorität einräumt.

USA in Bewegung

Es ist nun aber keineswegs so, dass die Amerikaner ein Volk von Ignoranten wären. Die ungeheure Gewalt von Hurrikan Katrina und der Klimakreuzzug von Al Gore haben ihren Eindruck auf die Nation nicht verfehlt. Inzwischen glaubt mehr als die Hälfte der US-Bürger, dass der Klimawandel höchste Priorität haben sollte. In den Bundesstaaten und in den Kommunen sind sie inzwischen viel weiter als bei der Bundesregierung in Washington. Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger und seine Kollegen im Nordosten des Landes führen auf eigene Faust ein Emissionshandelssystem ein, und sie verklagen die Umweltbehörde des Bundes, endlich schärfere Abgaswerte einzuführen.

In den USA ist unglaublich viel in Bewegung. Das spiegelt auch der frühe Vorwahlkampf um die Präsidentschaftskandidaturen wider, und zwar bei beiden Parteien. Außer den reaktionären Rechten bei den Republikanern leistet es sich kein Kandidat mehr, den Klimawandel zu ignorieren. Ohne Zweifel wird der 20. Januar 2009, der Tag der Amtseinführung des neuen Präsidenten, ein wichtiger Tag werden für den Klimaschutz in den Vereinigten Staaten und in der Welt.

Was wird sich ändern? Eine neue Regierung wird einen Innovationsschub lostreten, mit dem die USA ihren Rückstand beim Klimaschutz aufholen werden. Euphoriker schwärmen schon davon, dass sich das Land an die Spitze der globalen Bewegung setzen wird. Was die Erwartungen dann doch etwas hoch spannt. International wird es aber sinnvolle Klimaschutz-Vereinbarungen geben, bei denen die USA endlich mitmachen - egal wer im Weißen Haus regieren wird.

Einfach wird das nicht sein. Auch ein demokratischer Amtsinhaber wird niemals den Eindruck entstehen lassen, dass Amerika sich irgendetwas vom Rest der Welt vorschreiben lässt. Zudem wird die Frage der Energiesicherheit - und damit die Kohleförderung - weiter eine erhebliche Rolle in der amerikanischen Politik spielen. Der Klimaschutz dürfte allerdings nicht mehr zum Menetekel einer neuen transatlantischen Entfremdung werden, sondern vielmehr zu einem Feld der Kooperation.

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Quelle:
SZ vom 30.05.2007
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