Süddeutsche Zeitung

Kitas:Milliarden für bessere Kinderbetreuung

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Familienministerin Franziska Giffey legt ein Gesetz vor, das Eltern finanziell entlasten und Erzieher besser qualifizieren soll.

Von Ulrike Schuster, Berlin

In der Kindertagesstätte basteln, spielen und lernen - darauf hat jedes Kind ab sechs Monaten ein gesetzlich verbrieftes Recht. Bloß, Kita ist nicht gleich Kita und Gebühr nicht gleich Gebühr. Wie gut und wie teuer staatliche Betreuung und Bildung für Kinder unter drei Jahren sind, hängt ab vom Bundesland und dem Geldbeutel der Eltern. Das soll sich ändern. 3,5 Milliarden Euro will der Bund den Ländern für mehr Qualität bereitstellen.

Das entsprechende Gesetz heißt Gute-Kita-Gesetz und stammt aus dem Haus von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). Es soll dazu beitragen, dass Eltern weniger Gebühren zahlen, die Betreuungsschlüssel verbessert und Erzieher besser qualifiziert werden, beziehungsweise sich überhaupt erst zum Erzieher ausbilden lassen. Ministerin Giffey sagt, sie wünsche sich Eltern, die sich sicher seien: "Kita-Zeit ist gute Zeit für das Kind, die möchte ich ihm nicht vorenthalten." Es gebe zu viele Kinder, die nicht ausreichend vorbereitet seien, wenn sie in die Schule kämen. "Wir verlieren im Moment einfach viel zu viele Kinder. Ich möchte, dass es jedes Kind packt."

Das Gesetz soll nicht nach dem Prinzip Gießkanne funktionieren, sondern auf die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Landes abgestimmt sein. Mancherorts fehlt es an Erziehern, anderswo an Freizeitangeboten, an gesundem Essen, an berufsgerechten Öffnungszeiten oder bezahlbaren Gebühren. Was diese "gute-Kita-Zeit" jeweils also genau bedeutet, wird in 16 verschiedenen Bund-Land-Kooperationsvereinbarungen festgelegt werden. Wie hoch der Zuschuss für das jeweilige Bundesland ist, bemisst sich an der Zahl der Kinder unter sechs Jahren.

"Wir müssen schon zusehen, dass der Beruf attraktiver wird", sagt die Ministerin

Neben mehr Qualität soll es im Gesetz auch um eine "intensive Fachkräfteoffensive" gehen. Erzieher sollen nicht nur besser aus- und weitergebildet werden, unter besseren Bedingungen arbeiten und mehr Geld verdienen. Viel mehr Frauen und Männer müssten wieder Lust auf den Beruf Erzieher bekommen, sich wieder dafür begeistern. Gar eine Imagekampagne für soziale Berufe hält die Ministerin für notwendig. Warum, zeigt das Beispiel Berlin: 10 000 Kitaplätze sind nicht besetzt - die Erzieher fehlen. Mehr Zuwanderung ist für Giffey nicht die Lösung gegen den Fachkräftemangel. "Wir müssen schon zusehen, dass der Beruf attraktiver wird", nur so würden sich mehr junge Leute dafür entscheiden.

In der nächsten Woche soll das Gesetz in den Ressorts abgestimmt werden, Anfang 2019 dann in Kraft treten: Nach der Jahresmitte sollen die ersten 500 Millionen Euro Finanzhilfe fließen, 2020 dann eine Milliarde Euro, 2021 zwei Milliarden Euro. Neue Kita-Plätze sollen nicht entstehen, es geht allein um die Verbesserung der Qualität in den bestehenden Kitas.

Das Gute-Kita-Gesetz erntet von der Opposition grundsätzlich Zustimmung, aber auch Kritik. Die Vizechefin der FDP-Fraktion, Katja Suding, sagt: "Ich halte es für schwierig, wenn man an der Gebührenfreiheit ansetzt." Eine Kita bringe überhaupt nichts, wenn sie kostenlos sei, dafür aber an der Qualität, an genügend Betreuern und Erziehern spare.

Die AfD plädiert dafür, neben der Betreuung im Kindergarten auch die Betreuung zu Hause gleichberechtigt zu fördern. Martin Reichardt, AfD-Obmann im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sagt: "Wir würden uns von Frau Giffey wünschen, dass es neben dem Gute-Kita-Gesetz vielleicht auch mal ein Starke-Eltern-Gesetz gäbe, das Eltern fördert, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen."

Die Grünen kritisierten die Ankündigung, ihnen ist das Gute-Kita-Gesetz nicht teuer genug. Es sei "schon jetzt klar, dass die vorgesehenen Mittel vorne und hinten nicht reichen", sagte die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock in Berlin. "Statt der im Koalitionsvertrag eingestellten 3,5 Milliarden Euro bis 2021 bräuchte es zehn Milliarden bis zum Ende der Legislaturperiode." Deshalb ist es für sie nicht mehr als ein "Tropfen auf den heißen Stein", und keinesfalls die "Eier legende Wollmilchsau", als welche die Familienministerin das Gesetz verkaufe, kritisiert Baerbock.

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SZ vom 03.05.2018
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